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BFH VI R 20/07 – Gewinnausschüttungen einer Versorgungskasse sind keine Arbeitslohnrückzahlungen


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b) Die der Klägerin gegenüber erbrachten Gewinnausschüttungen sind auch deshalb nicht als Arbeitslohnrückzahlung zu qualifizieren, weil sie nicht „actus contrarius“ der Lohnzahlung sind. Der den Arbeitnehmern durch die Beitragsleistungen an die Versorgungskasse zugewandte Lohn wird nicht durch die Gewinnausschüttungen der Versorgungskasse zurückgezahlt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Gewinne an den Arbeitgeber oder an den Arbeitnehmer ausgeschüttet werden.


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aa) Erbringt –wie im Streitfall– der Arbeitgeber Zukunftssicherungsleistungen und erlangt der Arbeitnehmer dadurch einen eigenen Rechtsanspruch gegen die Versorgungseinrichtung, wendet der Arbeitgeber mit den gegenwärtigen Beiträgen Lohn zu. Denn die Beitragsleistung ist durch das Arbeitsverhältnis veranlasst. Der Arbeitslohn des Arbeitgebers ist indessen grundsätzlich von damit erworbenen Sachen und Rechten und später daraus den Arbeitnehmern zufließenden Erträgen, Versicherungs- und Versorgungsleistungen zu unterscheiden. Dies hat der Senat sowohl für Beitragsleistungen an Zusatzversorgungskassen (VI R 37/08) als auch für Beitragsleistungen an Unfallversicherungen (VI R 9/05) entschieden. Entsprechendes gilt für von der Versorgungskasse erbrachte Ruhegeldzahlungen und Gewinnausschüttungen. Auch diese Zahlungen gründen auf einer neuen, vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Rechtsbeziehung, die in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis mehr steht. Daher besteht zwischen den früheren Lohnzahlungen und der gegenwärtigen Gewinnausschüttung ebenso wenig noch ein einkommensteuerrechtlich erheblicher Veranlassungszusammenhang, wie zwischen früheren Lohnzahlungen und gegenwärtigen Dividenden oder Kursgewinnen/-verlusten aus Aktien, auch wenn die Aktien mit versteuertem Lohn erworben worden waren (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFH/NV 2009, 1870, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

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bb) Eine Lohnrückzahlung im Sinne eines „actus contrarius“ kommt nur dann in Betracht, wenn dem Arbeitgeber die nämlichen Leistungen, die als Lohnzahlungen zu qualifizieren waren, zurückgezahlt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Lohn im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Versorgungseinrichtung in der Weise erbracht worden war, dass der Beitrag direkt vom Arbeitgeber an die Versorgungskasse geleistet und nicht der individuellen Lohnsteuer, sondern der Regelung über die Pauschalierung der Lohnsteuer bei Zukunftssicherungsleistungen (§ 40b Abs. 1 EStG) unterworfen worden war. Denn auch dann ist die Beitragszahlung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zwar Lohn, dieser einkommensteuerrechtlich erhebliche Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis endet aber mit der Verwendung des Beitrags durch den Arbeitnehmer für dessen Zukunftssicherungszwecke. Bei Zukunftssicherungsleistungen durch Zahlung des Arbeitgebers an einen Dritten, den Versicherer, liegt daher eine Rückzahlung von Arbeitslohn auch dann nur vor, wenn der Versicherer dem Arbeitgeber lohnversteuerte Prämien oder Beiträge zurückerstattet.

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cc) Infolgedessen lässt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht der Grundsatz aufstellen, dass sämtliche Ausschüttungen der Versorgungskasse Arbeitslohn seien, weil das dafür verwendete Vermögen mit Arbeitslohn gebildet worden sei. Daher folgt der Senat insbesondere auch nicht der von der Finanzverwaltung im streitigen Zeitraum 1999 und auch noch gegenwärtig vertretenen Auffassung (Abschn. 129 Abs. 14 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien –LStR– 1999; R 40b.1 Abs. 12 LStR 2008), wonach Arbeitslohnrückzahlungen an den Arbeitgeber anzunehmen sind, soweit Gewinnanteile zu Gunsten des Arbeitgebers mit fälligen Beiträgen des Arbeitgebers verrechnet oder an den Arbeitgeber ausgezahlt werden. Der Senat hält die gegen diese Auffassung vorgetragenen und schon in seinem Beschluss in BFH/NV 2005, 1804 zum Ausdruck gebrachten Bedenken aus den vorgenannten Erwägungen für durchgreifend (vgl. Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 40b Rz B 13; Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, § 40b EStG Rz 34; Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 40b Rz 6; Blomeyer, Betriebsrentengesetz, 4. Aufl., StR D Rz 49 f.).

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dd) Schließlich folgt auch aus Abschn. 129 Abs. 14 Satz 1, Abs. 16 Satz 2 LStR 1999 kein Anspruch der Klägerin auf Steuererstattung. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass norminterpretierenden Steuerrichtlinien und damit auch den Lohnsteuer-Richtlinien keine Rechtsnormqualität zukommt; sie bieten keine Rechtsgrundlage für Verwaltungsakte und binden Gerichte grundsätzlich nicht (Senatsurteil vom 4. Mai 2006 VI R 28/05, BFHE 213, 484, BStBl II 2006, 781, m.w.N.). Das FG entschied daher auch zutreffend, dass ein Anspruch auf Lohnsteuererstattung auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung nicht in Betracht komme, weil im Streitfall die Richtlinien keine Ermessensausübung regelten. Die Selbstbindung der Verwaltung reicht nur soweit, wie die Verwaltungsanweisung eine zutreffende Auslegung des Gesetzes beinhaltet und die Art und Weise, der Finanzverwaltung eingeräumtes Ermessen auszuüben, vorgegeben wird (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 93, 94; Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 5 AO Rz 190 f.). Im Ãœbrigen enthält selbst Abschn. 129 Abs. 16 Satz 2 LStR 1999 die Einschränkung, dass der Arbeitgeber einen Lohnsteuer-Erstattungsanspruch nur geltend machen kann, sofern dadurch keine unangemessenen steuerlichen Vorteile erzielt werden. Solche nimmt die Verwaltungsregelung insbesondere an, wenn aufgrund der Vertragsgestaltung zu erwarten sei, dass die dem Arbeitgeber zugewiesenen Gewinnanteile insgesamt höher seien als die während der voraussichtlichen Laufzeit aufzubringenden Versicherungsbeiträge. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass ähnliche unangemessene steuerliche Vorteile vorliegen dürften, wenn ehemals mit einem Pauschsteuersatz von 8 % besteuerte Zuwendungen an Pensionskassen zur Verrechnung oder Erstattung von Lohnsteuer für Zuwendungen berechtigen, die einem Pauschsteuersatz von gegenwärtig 20 % unterliegen.

Quelle: Bundesfinanzhof


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