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BFH VIII R 78/05 – Vorlagepflichten eines Berufsgeheimnisträgers (Rechtsanwalt, Steuerberater)


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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur teilweisen Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

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1. Das Urteil des FG leidet nicht unter den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängeln.

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a) Das erkennende Gericht war ordnungsgemäß besetzt; ein Verfahrensfehler i.S. von § 119 Nr. 1 FGO ist nicht zu verzeichnen.


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Zu Recht hat das FG entschieden, dass das Ablehnungsgesuch des Klägers mangels ausreichender Substantiierung rechtsmissbräuchlich war. Eine Richterablehnung kann grundsätzlich nicht mit der vom Kläger erhobenen Rüge rechtsfehlerhafter Entscheidungen in einem vorhergehenden Aussetzungsverfahren oder der Rüge von Verfahrensfehlern –selbst wenn sie vorliegen– begründet werden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. September 1994 II B 70/94, BFH/NV 1995, 414; vom 30. August 1995 XI B 114/95, BFH/NV 1996, 225; vom 27. März 1997 XI B 190/96, BFH/NV 1997, 780; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 51 Rz 32 und 36). Ãœber das rechtsmissbräuchliche Ablehnungsgesuch des Klägers konnte das FG in den Gründen des Urteils unter Beteiligung der vom Kläger abgelehnten Richter und ohne deren vorherige dienstliche Äußerung entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 2003 V B 252/02, BFH/NV 2003, 1285; vom 27. März 1992 VIII B 31/91, BFH/NV 1992, 619; s. auch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 1960 2 BvR 36/60, BVerfGE 11, 1, 3).

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b) Ein Vertretungsmangel i.S. von § 119 Nr. 4 FGO liegt nicht vor. Die Bestellung eines Prozesspflegers für die Mandanten des Klägers, deren Daten er mit der Vorlageverweigerung schützen will, kommt nicht in Betracht. Voraussetzung einer derartigen Bestellung wäre die Beteiligung der Mandanten am finanzgerichtlichen Verfahren gemäß Â§ 57 FGO. Daran fehlt es im Streitfall, da sie weder einfach noch notwendig beizuladen waren (§ 60 Abs. 1 und 3 FGO).

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2. Das Aufhebungsbegehren des Klägers richtete sich ursprünglich, wie auch im erstinstanzlichen Verfahren, nicht nur gegen die Zwangsgelder, sondern auch und insbesondere gegen die zu Grunde liegenden Verfügungen, mit denen die Vorlage von Unterlagen verlangt wurde. Diese Vorlageverlangen sind Verwaltungsakte (s. etwa die BFH-Beschlüsse vom 4. April 2005 VII B 305/04, BFH/NV 2005, 1226; vom 21. Mai 2001 VII B 296/00, juris; vgl. ferner Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 AO Rz 16, m.w.N.; abgrenzend Senatsurteil vom 10. November 1998 VIII R 3/98, BFHE 187, 386, BStBl II 1999, 199, betreffend unselbständige Vorbereitungsmaßnahmen, die ausschließlich der Ermittlung steuermindernder Umstände dienen und nicht erzwingbar sind). Das FG hat das Klagebegehren in erster Instanz in seinem Umfang verkannt, wenn es davon spricht, dass diese Vorlageverlangen nicht unmittelbarer Streitgegenstand seien.

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Hingegen ist der Antrag des Klägers im Revisionsverfahren dahin auszulegen, dass er nur noch die Aufhebung der Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen begehrt, da der Regelungsgehalt der Vorlageverlangen sich aufgrund der Beschlagnahme aller einschlägigen Unterlagen des Klägers durch die Finanzverwaltung im Juli 2003 erschöpft hat. Die Rechtmäßigkeit der Vorlageverlangen ist nur noch als Vorfrage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen von Bedeutung.

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3. Die Androhung und Festsetzung der Zwangsgelder war zum Teil rechtswidrig. Im Umfange der Rechtswidrigkeit sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben, in denen jeweils die einzelnen Vorlageverlangen, Androhungen und Festsetzungen als selbstständige Verwaltungsakte äußerlich zusammengefasst waren.


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Die Rechtswidrigkeit eines Teils der Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen folgt aus der Rechtswidrigkeit des jeweiligen Vorlageverlangens, und zwar insbesondere wegen dessen Unbestimmtheit oder Unverhältnismäßigkeit.

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a) Mit Einwendungen gegen die Prüfungsanordnung kann der Kläger nicht mehr gehört werden, da bereits rechtskräftig entschieden ist, dass diese rechtmäßig war. Weil durch die Prüfungsanordnung auch die Beteiligten des Prüfungsverfahrens bestimmt waren, folgt daraus die Zuständigkeit des FA zur Durchführung einzelner Prüfungsmaßnahmen, so auch zu der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen.

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b) Im Rahmen der angeordneten Prüfung durfte das FA grundsätzlich auch die Vorlage von Unterlagen vom Kläger verlangen. Seine Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar stand einer Prüfung nicht entgegen. Die Außenprüfung ist auch bei Personen zulässig, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. zuletzt Senatsurteil vom 8. April 2008 VIII R 61/06, BFHE 220, 313, BStBl II 2009, 579, m.w.N.); auch der von einer Außenprüfung betroffene Berufsgeheimnisträger muss deshalb grundsätzlich nach § 200 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO bei der Ermittlung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte mitwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, ggf. Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO). § 200 Abs. 1 AO bestimmt die Mitwirkungspflichten für das Außenprüfungsverfahren als speziellere Vorschrift gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 Abs. 1 Satz 1 und § 97 AO (vgl. Eckhoff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 200 AO Rz 52 f.). Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt.


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