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BFH VII R 9, 10/09- Vorlage an den EuGH zur Besteuerung von Flugbenzin


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aa) In seinem Urteil in Slg. 2008, I-5999 hat der EuGH darauf hingewiesen, dass Deutschland nach Ablauf der in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96/EG festgelegten Frist keine spezifischen innerstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht getroffen hatte. Tatsächlich wurde ein Verbrauchsteuergesetz zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben erst am 15. Juli 2006 erlassen. Das Gesetz zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes (BGBl I, 1534) ist am 1. August 2006 in Kraft getreten.


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Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH erfordert die Umsetzung einer Richtlinie zwar nicht, dass die Richtlinienbestimmungen förmlich und wortgetreu in einer ausdrücklichen besonderen Gesetzesvorschrift wiedergegeben werden; doch muss durch den allgemeinen rechtlichen Rahmen die vollständige Anwendung der Richtlinie in hinreichend bestimmter und klarer Weise gewährleistet sein, damit die Beteiligten in der Lage sind, von all ihren Rechten Kenntnis zu erlangen (EuGH-Urteil vom 17. Oktober 1991 C-58/89, Slg. 1991, I-4983, m.w.N.). In seiner Entscheidung vom 28. Februar 1991 C-131/88 (Slg. 1991, I-825) ist der EuGH der von der Bundesregierung vertretenen Ansicht ausdrücklich entgegengetreten, dass eine Richtlinie –auch ohne förmlichen Umsetzungsakt– als umgesetzt angesehen werden müsse, wenn das innerstaatliche Recht ihre Durchführung in bestimmter und klarer Weise tatsächlich gewährleiste. Erforderlich ist nach Auffassung des EuGH, dass sich die Richtlinienvorschriften in den nationalen Bestimmungen so genau und eindeutig wiederfinden, dass dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang genüge getan wird.

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bb) Dem Mineralölsteuerrecht war im Streitjahr nicht mit hinreichender Rechtssicherheit zu entnehmen, dass mit der Regelung in § 50 Abs. 1 MinöStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 von der durch Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 3 der Richtlinie 2003/96/EG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte, das nicht von Luftfahrtunternehmen verwendete Flugbenzin zumindest in bestimmten Fällen der Besteuerung zu unterwerfen. Davon abgesehen könnte die nationale Regelung auch nicht als Ausübung der durch Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 3 der Richtlinie 2003/96/EG zugestandenen Option gedeutet werden. Mit den im Streitjahr geltenden Vorschriften ist vielmehr eine Umsetzung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/81/EWG erfolgt. Zwar sieht diese Vorschrift ebenfalls eine Möglichkeit zur Beschränkung der Steuerbefreiung auf Flugturbinenkraftstoff vor, doch hat Deutschland von dieser Möglichkeit im Rahmen der Umsetzung keinen Gebrauch gemacht. Darauf deutet der eindeutige Wortlaut von § 4 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 MinöStG 1993 hin, nach dem sich die Steuerbefreiung für Luftfahrtbetriebsstoffe ausdrücklich auf Flugbenzin und Flugturbinenkraftstoff erstreckt. Der teilweise Ausschluss der Befreiung für Flugbenzin ergibt sich lediglich aus der in § 50 Abs. 1 MinöStV vorgenommenen Einschränkung des Begünstigtenkreises. Es kann somit keine Rede davon sein, dass Deutschland die Steuerbefreiung gezielt auf nur eine Art von Luftfahrtbetriebsstoffen beschränken wollte. Hauptzweck der getroffenen Regelung war die Nichtbegünstigung der Geschäfts-, Privat- und Sportluftfahrt (vgl. Teichner in Teichner/Alexander/Reiche, Mineralöl- und Erdgassteuer, Stromsteuer, Mineralölzoll, § 4 MinöStG 1993 Rz 21).

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Wegen der bestehenden Zweifel an der zutreffenden Auslegung der Art. 14 Abs. 1 Buchst. b, Art. 11 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2003/96/EG hält es der Senat für erforderlich, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu den unter II. gestellten Fragen zu ersuchen.

Quelle: Bundesfinanzhof


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