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Leistungsort bei Bezug von sog. Katalogleistungen durch eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt (BFH XI R 62/06)


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Deshalb braucht der Senat auch nicht weiter auf die Einwendungen der Klägerin einzugehen, § 2 Abs. 3 UStG setze die Vorgaben von Art. 4 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 77/388/EWG nur unzutreffend um und der in § 3a Abs. 3 UStG verwendete Begriff „Unternehmer“ sei daher keiner richtlinienkonformen Auslegung zugänglich. Denn obwohl sie die streitbefangenen Leistungen für ihre hoheitlichen Aufgaben bezogen und genutzt hat und sie damit unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerfG keiner Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art nachgegangen (Urteil in BVerfGE 31, 314; Beschluss vom 26. Oktober 2005 1 BvR 396/98, BGBl I 2005, 3726, unter C.I.2.b bb) und insoweit als Nichtunternehmerin i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG anzusehen ist, steht dies der Leistungsortverlagerung nach § 3a Abs. 3 UStG im Streitfall nicht entgegen.


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Ebenso führt der Hinweis der Klägerin auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Vorschrift bezieht sich auf Leistungen, die ein Unternehmer von seinem in einem Drittland liegenden Unternehmen aus erbringt; im Streitfall hat die Klägerin aber die streitbefangenen Leistungen von im Gemeinschaftsgebiet ansässigen ausländischen Rundfunkanstalten bezogen.

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(2) Die vorstehende Auslegung steht auch im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG, auf dem § 3a Abs. 3 und Abs. 4 UStG beruhen.

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Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG gilt als Ort der dort aufgeführten Dienstleistungen, die an außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist. Die von der Klägerin bezogenen Dienstleistungen gehören zu den in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten.

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Diese Bestimmung ist nach dem EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8255, UR 2008, 925 (Kollektivavtalstiftelsen TRR Trygghetsrädet) dahin auszulegen, „dass derjenige, der bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen Beratungsdienstleistungen in Anspruch nimmt und selbst gleichzeitig wirtschaftliche Tätigkeiten und außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinien liegende Tätigkeiten ausübt, als Steuerpflichtiger anzusehen ist, selbst wenn die Dienstleistungen nur für Zwecke der letztgenannten Tätigkeiten genutzt werden“. Dieses Urteil ist zwar nach dem Urteil des FG ergangen und konnte deshalb in der Vorentscheidung noch nicht berücksichtigt werden. Es klärt aber die Rechtslage auch für die vor seinem Ergehen liegende Zeit.

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Der EuGH hat seine Entscheidung in Slg. 2008, I-8255, UR 2008, 925 (Kollektivavtalstiftelsen TRR Trygghetsrädet) im Wesentlichen damit begründet, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG setze im Gegensatz zu anderen Bestimmungen dieser Richtlinie, wie Art. 2 Nr. 1 und Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, nicht voraus, dass der steuerpflichtige Empfänger einer Dienstleistung diese für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nutze. In Anbetracht des Fehlens einer ausdrücklichen Klarstellung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG zu der Frage, ob die ausgeführten Dienstleistungen für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeit des Dienstleistungsempfängers genutzt werden müssten, sei davon auszugehen, dass eine Nutzung der Dienstleistungen durch ihren Empfänger für außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 77/388/EWG liegende Tätigkeiten der Anwendung der Bestimmung nicht entgegenstehe.

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Eine solche Auslegung erleichtere zudem die Anwendung der Regelung. Denn um zu klären, ob der Ort der Erbringung der Dienstleistung in dem Mitgliedstaat liege, in dem er selbst ansässig sei, oder in dem Mitgliedstaat, in dem der Leistungsempfänger den Sitz seiner Tätigkeit habe, müsse der Dienstleistende nur ermitteln, ob der Empfänger Steuerpflichtiger sei (Randnr. 31).

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2. Eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH bedarf es nicht. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die Anwendung der im EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8255, UR 2008, 925 (Kollektivavtalsstiftelsen TRR Trygghetsrädet) aufgestellten Grundsätze auf den Sachverhalt des Streitfalls greifen nicht durch.

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a) Diesem EuGH-Urteil lagen zwar, wie die Klägerin betont, Beratungsleistungen eines ausländischen Unternehmers i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 3. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG) zugrunde.

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Die Auslegung des EuGH gründet sich aber nicht auf den rechtlichen oder wirtschaftlichen Charakter derartiger Beratungsdienstleistungen, sondern auf den Zweck des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und darauf, dass Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG, im Gegensatz zu anderen Vorschriften dieser Richtlinie, nicht voraussetze, dass der steuerpflichtige Empfänger die Dienstleistungen für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nutze (so auch Korf, Internationales Steuerrecht 2008, 876, 879, und Lohse, UR 2009, 325, 328). Es ist nach Auffassung des Senats nichts dafür ersichtlich, dass diese Auslegung nicht auf andere Leistungen des Leistungskatalogs in § 3a Abs. 4 UStG anzuwenden wäre, wie im Streitfall bspw. auf die Ãœbertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte (§ 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG), die Gestellung von Personal (§ 3a Abs. 4 Nr. 7 UStG), die Vermietung von Sendeeinrichtungen nebst technischer Ausrüstung (§ 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG) oder sonstige Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG).

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b) Soweit die Klägerin geltend macht, es bestehe ein Unterschied zwischen ihren außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 77/388/EWG liegenden Tätigkeiten und jenen der privatrechtlichen Stiftung schwedischen Rechts in dem EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8255, UR 2008, 925 (Kollektivavtalsstiftelsen TRR Trygghetsrädet), rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis.

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Die Klägerin trägt hierzu vor, der Anwendungsbereich des UStG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts werde nach der Rechtsprechung des BFH durch die Art ihrer Betätigung begründet und begrenzt (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375). Im Streitfall gelte sie, soweit sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werde, gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ausdrücklich als Nichtsteuerpflichtige, während in dem EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8255, UR 2008, 925 (Kollektivavtalsstiftelsen TRR Trygghetsrädet) die dortige Klägerin eine juristische Person des Privatrechts sei, die nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG als Steuerpflichtige gelte. Dort habe es sich nur um den nichtunternehmerischen Bereich eines einheitlichen Unternehmens gehandelt, wohingegen sie, die Klägerin, aufgrund des spezifischen Wortlauts des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht als Steuerpflichtige gehandelt habe und somit auch keine Steuerpflichtige sei.


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