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BFH XI R 14/08 Kein Vorsteuerabzug einer Grundstücksgemeinschaft


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a) Der Vorsteuerabzug des Unternehmers nach § 15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 1 UStG 1993/1999 setzt –wie bereits oben ausgeführt– voraus, dass die Lieferungen oder sonstigen Leistungen „für sein Unternehmen“ ausgeführt worden sind. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer der Leistungsempfänger ist. Leistungsempfänger ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, unter II. 2. b der Gründe; BFH-Beschluss vom 22. Februar 2008 XI B 189/07, BFH/NV 2008, 830, jeweils m.w.N.). Unbeachtlich ist daher, wer zivilrechtlicher Eigentümer des bezogenen Leistungsgegenstands wird (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 V R 85/77, BFH/NV 1988, 53, unter 2. der Gründe, m.w.N.), wem die Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1994 V R 96/92, BFH/NV 1995, 459, unter II. 1. der Gründe) oder wer die empfangene Leistung bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1995 V R 113/92, BFHE 178, 493, BStBl II 1996, 111, unter II. 3. der Gründe).

Die grundsätzliche Anknüpfung des Umsatzsteuerrechts an das Zivilrecht bei der Bestimmung des Leistungsempfängers ist insbesondere im Interesse des Leistenden (Auftragnehmers) geboten. Denn die zivilrechtliche Rechtslage ist u.a. maßgebend dafür, wem gegenüber er eine Rechnung über von ihm ausgeführte steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen erteilen darf bzw. muss (vgl. § 14 Abs. 1 UStG 1993/1999) und ferner dafür, ob er die Möglichkeit hat, einen steuerfreien Umsatz als steuerpflichtig zu behandeln (vgl. § 9 Abs. 1 UStG 1993/ 1999; BFH-Urteil vom 7. November 2000 V R 49/99, BFHE 194, 270, BStBl II 2008, 493, unter II. 2. der Gründe).

aa) Ob ein Leistungsbezug dem Handelnden oder einem Anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen beim Bezug einer Leistung aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, unter II. 2. b der Gründe, m.w.N.). Eine Ausnahme vom Offenheitsprinzip besteht lediglich beim sog. Geschäft für den, den es angeht. Dieses setzt voraus, dass der Gegenpartei die Person des Vertragspartners gleichgültig ist (vgl. Palandt/ Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 164 Rz 8, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur in den Fällen der Bargeschäfte des täglichen Lebens erfüllt (vgl. Probst in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, E § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rz 78; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rz 8, m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH entschieden, dass einer Bauherrengemeinschaft der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die ihr erteilt worden sind, nur dann zusteht, wenn sie selbst die Leistungen in Auftrag gegeben hat und sie selbst Empfängerin dieser Leistungen ist, Leistungsempfänger also nicht die einzelnen Gemeinschafter als Bauherren sind (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1995 XI R 50/93, BFH/NV 1996, 185). Er hat einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft kein Recht auf Vorsteuerabzug aus solchen Eingangsleistungen zugebilligt, die an ihre Gesellschafter ausgeführt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347, unter II. 4. der Gründe).

Ein anderes Ergebnis ergibt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht „im Umkehrschluss“ aus dem EuGH-Urteil HE in Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196. Danach sind im Fall der Bestellung eines Investitionsguts durch eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie 77/388/EWG ausübt, die jeweiligen Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, als Leistungsempfänger anzusehen.

Der dortige Sachverhalt ist mit dem hier vorliegenden Fall einer unternehmerisch tätigen Bruchteilsgemeinschaft nicht vergleichbar. Im Fall der EuGH-Entscheidung HE in Slg. 2005, I-3123, BFH/NV Beilage 2005, 196 hatten die Ehegatten Miteigentum an einem Grundstück erworben und einen Generalunternehmer beauftragt, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten. Die Ehegatten wurden mit den gemeinsam bestellten Leistungsbezügen nicht als Gesellschaft oder Gemeinschaft bürgerlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unternehmerisch tätig (vgl. BFH-Urteil vom 6. Oktober 2005 V R 40/01, BFHE 212, 138, BStBl II 2007, 13, unter II. 1. der Gründe). Demjenigen Ehegatten, dessen Arbeitszimmer sich in dem Einfamilienhaus befand und der dieses für seine unternehmerischen Zwecke nutzen wollte, wäre es schon aus praktischen Gründen nicht möglich gewesen, gegenüber dem leistenden Bauunternehmer als Besteller eines Arbeitszimmers aufzutreten und die Leistungsbeziehung zivilrechtlich so auszugestalten, dass sie der umsatzsteuerrechtlichen Interessenlage entsprach. Dagegen ist dies im Fall einer unternehmerisch tätigen Bruchteilsgemeinschaft problemlos möglich, weil diese ohne weiteres die Aufträge für Leistungen an ihr Unternehmen erteilen kann.

bb) Aus der Rechtsprechung des EuGH zum Neutralitätsprinzip folgt nichts anderes. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG verlangt ebenso wie § 15 Abs. 1 UStG 1993, dass die vorsteuerbelastete Eingangsleistung für das Unternehmen der Person ausgeführt wird, die den Vorsteuerabzug geltend macht. Der EuGH hat dazu ausgeführt, dass diese Bestimmung zwar mit einigen der mit der Richtlinie 77/388/EWG verfolgten Zwecksetzungen, wie z.B. der Steuerneutralität, nicht im Einklang stehen möge. Er hat jedoch keine Möglichkeit gesehen, daran ohne ein Tätigwerden des Gemeinschaftsgesetzgebers etwas zu ändern (vgl. EuGH-Urteil vom 8. November 2001 Rs. C-338/98 –Kommission/ Niederlande–, Slg. 2001, I-8265, BFH/NV Beilage 2002, 28, Randnrn. 55 f.).



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