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BFH VI R 64/08 – Keine Opfergrenze, aber Berücksichtigung des Kindesunterhalts bei Unterhalt an Lebensgefährtin


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Die der Opfergrenze zugrunde liegende Wertung lässt sich aber auch auf sittliche Unterhaltsverpflichtungen übertragen, denn grundsätzlich wird von niemandem erwartet, den eigenen angemessenen Unterhalt durch dem Grunde nach sittlich gebotene Unterhaltsleistungen zu gefährden.


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Nach Auffassung des III. Senats des BFH ist dies aber anders, wenn zusammen lebende Partner eine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft bilden und daher gemeinsam wirtschaften müssen. Erzielt nur einer der Partner Einkünfte oder Bezüge, so ist es –jedenfalls bei Steuerpflichtigen in einfachen Verhältnissen– praktisch unumgänglich, daraus die größten Ausgaben wie Miete samt Nebenkosten, Nahrungsmittel und Kleidung für beide zu begleichen. In derartigen Fällen wäre es, so der BFH, auch sittlich nicht zu billigen, den bedürftigen Partner, welchem mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen öffentliche Mittel verweigert werden, nur unzureichend zu unterstützen. Vielmehr ist in einem solchen Fall von der gleichmäßigen Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel zwischen dem verdienenden und dem bedürftigen Partner auszugehen (BFH-Urteil in BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363).

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c) Nach dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger und E das ihnen gemeinsam zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufgeteilt haben. Da hier aber, anders als im Fall des BFH-Urteils in BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363, ein gegenüber dem Kläger gemäß Â§ 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB i.d.F. des Streitjahrs bevorrechtigt unterhaltsberechtigtes Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehört, ist bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens der Mindestunterhaltsbedarf dieses Kindes in Abzug zu bringen.

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Der Mindestunterhalt ist in Höhe des doppelten Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kindes gemäß Â§ 32 Abs. 6 Satz 2 EStG (3.648 €) anzusetzen. Eine vergleichbare Regelung findet sich für das zivilrechtliche Unterhaltsrecht in § 1612a Abs. 1 BGB in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung. Da erfahrungsgemäß ältere Kinder höhere Kosten als jüngere Kinder verursachen (vgl. dazu MünchKomm BGB/Born, 5. Aufl., § 1612a Rz 39), ist der Mindestunterhalt altersabhängig zu gestalten. Insoweit kann die Altersstufenregelung in § 1612a Abs. 1 Satz 3 BGB in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung entsprechend herangezogen werden.

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Dem verdienenden Partner muss auch kein verfügbares Einkommen in Höhe des steuerrechtlichen Existenzminimums verbleiben, da im Rahmen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufzuteilen ist. Insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung des III. Senats des BFH in BFHE 222, 250, BStBl II 2009, 363, die in jenem Fall im Ãœbrigen nicht entscheidungserheblich war.

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3. Da das FG teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA ist dahingehend abzuändern, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 6.270 € berücksichtigt werden:

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Dem Kläger zur Verfügung stehende Mittel:

14.537 €
E zur Verfügung stehende Mittel:
(Kindergeld und Lohnersatzleistung)

1.177 €
Summe:

15.714 €
abzüglich Mindestunterhalt Kind:
(87 % von 3.648 €)

3.174 €
Summe:

12.540 €
aufgeteilt auf Kläger und E je

6.270 €

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4. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 FGO).

Quelle: Bundesfinanzhof


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