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Zurechnung eines Strategieentgelts an einen Vermögensverwalter zu den Anschaffungskosten erworbener Kapitalanlagen (BFH VIII R 22/07)


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Die Zurechenbarkeit zum Erwerb bestimmter Kapitalanlagen als Erfordernis für die Annahme von Anschaffungskosten i.S. des § 255 HGB setzt nämlich weder grundsätzlich voraus, dass es zu dem Erwerb bestimmter Kapitalanlagen gekommen ist noch dass dieser Erwerb bereits im Zeitpunkt der jeweiligen Aufwendungen abgewickelt sein muss.


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aa) Insbesondere hindert die Tatsache, dass im Zeitpunkt der Zahlung des Strategieentgelts konzeptionell bedingt die zu beschaffenden Kapitalanlagen noch nicht konkretisiert waren –weil deren Auswahl von der Wahl der Strategie abhängig war–, nicht die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Entgelt und Erwerb der Kapitalanlagen. Denn ein solcher Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung schon dann zu bejahen, wenn die Aufwendungen durch eine grundsätzlich gefasste Erwerbsentscheidung veranlasst sind (BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 62/05, BFHE 217, 491).

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So sind Anschaffungskosten schon dann anzunehmen und bei bilanzierenden Steuerpflichtigen zu aktivieren, wenn mit der Anschaffung durch vorbereitende Maßnahmen begonnen worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut bereits in dem Sinne „angeschafft“ hat, dass er das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an dem Wirtschaftsgut erlangt hat und deshalb bilanzrechtlich das Wirtschaftsgut als solches nicht mehr dem Veräußerer, sondern bereits dem Erwerber zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 29. November 1983 VIII R 96/81, BFHE 140, 208, BStBl II 1984, 303).

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Auf dieser Grundlage sind insbesondere Planungskosten für –unbedingt geplante– Anschaffungen unabhängig davon den Anschaffungskosten zuzurechnen, dass es ggf. zu der geplanten Investition nicht kommt, der Aufwand aber zumindest in irgendeiner Form einer späteren entsprechenden Investition dient (vgl. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; in BFHE 140, 208, BStBl II 1984, 303; insbesondere zu vergeblichen Planungskosten BFH-Urteile vom 30. August 1994 IX R 2/90, BFH/NV 1995, 381; vom 10. November 1999 X R 158/96, BFH/NV 2000, 696).


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bb) Dementsprechend gehören selbst vergeblich aufgewandte Beratungskosten anlässlich der fehlgeschlagenen Gründung einer Kapitalgesellschaft zu den Anschaffungsnebenkosten einer –erstrebten– Beteiligung und nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (BFH-Urteil vom 20. April 2004 VIII R 4/02, BFHE 205, 292, BStBl II 2004, 597, m.w.N.). Dies gilt auch für Gutachtenkosten im Zusammenhang mit der Anschaffung von GmbH-Geschäftsanteilen, wenn sie nach einer grundsätzlich gefassten Erwerbsentscheidung entstehen und die Erstellung des Gutachtens nicht lediglich eine Maßnahme zur Vorbereitung einer noch unbestimmten, erst später zu treffenden Erwerbsentscheidung darstellt (BFH-Urteil in BFHE 217, 491).

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cc) Hat der Steuerpflichtige nach diesen Grundsätzen seine Erwerbsentscheidung –wie im Streitfall durch die Beauftragung der GmbH und die Ãœberweisung des von der GmbH anzulegenden Geldbetrags– getroffen, so sind im Zusammenhang mit diesem Auftrag gezahlte Entgelte des Steuerpflichtigen für Makler- und Vermittlungsleistungen den Anschaffungskosten zuzurechnen.

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Solche Anschaffungskosten konnten indessen im Streitjahr im Bereich der Ãœberschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG und Abs. 2 Nr. 2 EStG) nur nach Maßgabe der –hier nicht in Betracht kommenden– Sonderregelungen der §§ 17, 23 EStG sowie des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes für die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer von Bedeutung sein (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 1342). Im Ãœbrigen ist der Werbungskostenabzug für Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten solcher Wirtschaftsgüter im Bereich der Ãœberschusseinkünfte ausgeschlossen (vgl. von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 9 Rz B 850 „Nebenkosten“; zu § 20 EStG vgl. Senatsentscheidungen in BFH/NV 2000, 1342, sowie vom 4. April 1995 VIII B 52/94, BFH/NV 1995, 882: betreffend Darlehen; in BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934; vom 22. April 1999 VIII B 81/98, BFH/NV 1999, 1328: betreffend Aktien und sonstige Wertpapiere; zu Vermittlungsgebühren im Zusammenhang mit dem Erwerb von Leibrentenrechten vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 29/00, BFHE 197, 114, BStBl II 2006, 223).

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dd) Ob das hier streitige „Strategieentgelt“ zu diesen den Anschaffungskosten zuzurechnenden Aufwendungen gehört oder –wie z.B. Verwaltungsgebühren– bei den sofort abziehbaren Werbungskosten in Ansatz zu bringen ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VIII R 89/90, BFH/NV 1994, 225), bestimmt sich nicht nach der Bezeichnung des Entgelts durch die Vertragsparteien, sondern nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der in Frage stehenden Leistung (vgl. BFH-Entscheidungen vom 19. April 1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II 1977, 600; vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299; vom 30. Juli 1991 IX R 43/89, BFHE 165, 245, BStBl II 1991, 918; vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47; vom 11. Oktober 2000 IX B 54/00, BFH/NV 2001, 438; zu Anschaffungsnebenkosten vgl. Schmidt/ Glanegger, EStG, 28. Aufl., § 6 Rz 81, 84; Fischer in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 6 Rz 39; zur Unmaßgeblichkeit der rechtlichen Eigenqualifikation vgl. allgemein BFH-Urteile vom 14. Mai 1986 II R 22/84, BFHE 146, 480, BStBl II 1986, 620; vom 28. November 1990 X R 109/89, BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327).

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Ist danach der Aufwand –wie hier das Strategieentgelt– auf die erworbenen oder noch zu erwerbenden Kapitalanlagen bezogen, handelt es sich um Anschaffungskosten i.S. des § 255 HGB (s. dazu unter II.2. der Entscheidungsgründe). Nur wenn der Aufwand ohne Bezug zu den zu beschaffenden Kapitalanlagen seiner Art nach die allgemeine vermögensverwaltende Tätigkeit abgelten soll, ist er den sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 225).

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2. Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des FG, das Strategieentgelt gehöre nicht zu den –einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen– Anschaffungskosten der Kapitalanlagen, sondern zu den sofort abziehbaren Werbungskosten des Klägers bei dessen Einkünften aus Kapitalvermögen, mit den §§ 9, 20 EStG i.V.m. § 255 HGB unvereinbar.


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