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Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung



Bremen (ots) – Aufgabe statt Ohrfeige von Joerg Helge Wagner Wenn Verfassungsrichter die Politik der Bundesregierung korrigieren, bemüht die Opposition gerne das Bild von der „schallenden Ohrfeige“. Schräg ist das schon deshalb, weil so ein als fortschrittlich begrüßtes Urteil mit antiquierten Erziehungsmethoden gleichgesetzt wird.


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In Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung ist es besonders unpassend, weil es um ein Gesetz der Vorgängerregierung geht, das von Juniorpartner der jetzigen Regierung nie mitgetragen worden ist. Haben die Richter in den roten Roben den schwarz-gelben Koalitionären also ein Streitthema entzogen? Nein, denn über die nun fälligen Konsequenzen wird prompt gestritten. Dabei hinterlässt die Karlsruher Entscheidung keineswegs ein „Vakuum“, wie die Kanzlerin in ihrer üblichen Mischung aus Bequemlichkeit und Konfliktscheu meint. Das höchste Gericht hat einen glasklaren Handlungsauftrag formuliert: Zunächst sind schleunigst alle bisher gesammelten Telekommunikationsdaten zu löschen, dann ist das Gesetz mit den Grundrechten in Einklang zu bringen. Es geht um das Grundrecht darauf, dass private Kommunikation auch privat und damit in den allermeisten Fällen vor staatlicher Auswertung geschützt bleibt. Es geht eben nicht um das vermeintliche Grundrecht auf effiziente Kriminalitätsbekämpfung durch einen überfürsorglichen Staat unter Anwendung aller technisch möglichen Mittel. Das sollten die Innenpolitiker der Union endlich begreifen.


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Hier wartet also eine Aufgabe auf die Liberalen, mit der sie verlorenen Boden wiedergewinnen können und im Idealfall gleichzeitig der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen. Die Justizministerin muss handeln, nicht bremsen. Das Urteil ist eben leider kein Freibrief, das alte Gesetz quasi mitsamt den bisher gesammelten Daten ersatzlos zu entsorgen. Die Verfassungsrichter verlangen vielmehr – auch aus Respekt vor der Gesetzgebung der EU – ein neues Bundesgesetz. Das aber soll Datensicherheit garantieren und vor allem einen Mechanismus zur Information der Betroffenen schaffen – reichlich Arbeit also für Kabinett und Gesetzgeber. 35 000 Einzelklagen, über 60 erfolgreiche Musterverfahren, einhellige Freude über das Urteil von Wirtschaftsverbänden, Medien, Liberalen bis Linken – wer das alles durch stures „weiter so“ oder bräsiges Aussitzen ignoriert, muss sich Zweifel am eigenen Demokratieverständnis gefallen lassen.

Weser-Kurier: Der „Weser-Kurier“ (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 3. März 2010 das Karlsruher Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung


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Die komplette Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes



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