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Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht



BERLINER MORGENPOST: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht Jan Dams über die Steuerschätzung und Schäubles Abneigung gegen eine Steuerreform
Berlin (ots) – Erinnert sich Wolfgang Schäuble noch an den Sommer und Herbst des Jahres 2009? Es war die Zeit als FDP-Chef Guido Westerwelle durch die Bundesrepublik zog und mit dem Spruch „einfach, niedrig und gerecht“ für eine Steuerreform und die FDP zur Bundestagswahl warb. Und es war auch die Zeit, als die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, Westerwelle nicht nur nicht widersprach, sondern ihm in weiten Teilen sogar zustimmte.

Nur weil die Liberalen mit ihrer Werbekampagne einen unglaublichen Erfolg hatten, regieren Union und FDP heute im Bund. Der Koalitionsvertrag trägt dem Rechnung. Dass die Regierung heute – allen voran die Kanzlerin und ihr Finanzminister – von diesen Versprechen nichts mehr wissen will, begründet sie mit der Finanzkrise und deren desaströsen Folgen für das Bundesbudget. Daran ändere auch die neue Steuerschätzung nichts. Die Lage sei zwar besser, als im Frühjahr erwartet. Trotzdem blieben die Einnahmen bis 2012 hinter denen des Jahres 2008 zurück.

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Ergo sei kein Geld für eine Steuerreform in der Kasse, so die Beweiskette, mit der Schäuble den Verzicht auf Steuerentlastungen begründet. Nachvollziehen lässt sich diese Argumentation. Nur als Entlastung für gebrochene Wahlversprechen taugt sie nicht. Der Wahltag liegt nur wenig länger als ein Jahr zurück. Damals aber, das lässt sich auf der Internetseite des Finanzministeriums nachvollziehen, waren die Ergebnisse der Steuerschätzung noch schlechter als heute. Trotzdem sah die jetzt regierende Koalition jede Menge Spielraum für finanzielle Entlastungen. Wer jetzt, wie Schäuble sagt, es gebe dafür keinen Spielraum, hatte demnach wohl nie ernsthaft vor, die Koalitionsversprechen tatsächlich umzusetzen. Denn Union und FDP haben nicht nur gewusst, wie schlecht die Situation ist. Die drei Parteien gingen sogar davon aus, die ganze Lage sei noch viel schlimmer. Wenn diese Regierung nun keine Steuerreform umsetzt, kann der erboste Wähler ihr zu Recht vorwerfen, sie habe wider besseres Wissen unhaltbare Zusagen gemacht. Angesichts dieser verzwickten Lage, muss sich die schwarz-gelbe Koalition nun überlegen, welches finanzpolitische Konzept sie dem Bürger bietet, damit der im Wahljahr 2013 trotz gebrochener Versprechen mit ihr versöhnt ist. Volkswirtschaftlich und politisch klug wäre es, den Staatshaushalt zunächst zu sanieren. Der Fall Griechenland hat gezeigt, dass auch dem Staat die Pleite droht, wenn er permanent über seine Verhältnisse lebt. Spielraum für finanzpolitische Reformen bleibt trotzdem genug. Schwarz-Gelb versprach schließlich nicht nur niedrigere Steuern, sondern auch ein einfaches Steuersystem. Von drei bis fünf Tarifstufen war einst die Rede und von Steuererklärungen, die ohne Computer und Software zu erledigen sein sollten. Meilenweit ist Schäuble davon entfernt. Bis auf eine Liste kleiner Vorschläge hat der Minister sich nur wenig einfallen lassen. Nicht einmal an die Reform der Mehrwertsteuer mit ihren Ausnahmen traut er sich heran, weil er Ärger mit den Lobby-Gruppen fürchtet. Dabei ließe sich gerade mit Vereinfachungen im Steuerrecht einiges erreichen, was Bürgern und Unternehmen das Leben erleichtert – wenn diese Koalition nur den Mut aufbrächte, das zu tun, wofür sie einst gewählt wurde.



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