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Verfassungsmäßigkeit der ab 2005 geltenden Altersrentenbesteuerung (BFH X R 53/08)


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1. Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Altersrenten durch das Alterseinkünftegesetz ist verfassungsmäßig, sofern das Verbot der Doppelbesteuerung eingehalten wird. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG verletzt weder das Recht des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung noch sein Vertrauen auf Beibehaltung der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Renteneinkünfte (Bestätigung des Senatsurteils vom 26. November 2008 X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).

2. Bei der Anwendung der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG kommt es darauf an, für welche Jahre der Steuerpflichtige die Beiträge geleistet hat (gegen BMF-Schreiben vom 30. Januar 2008, BStBl I 2008, 390, Rz 137).

EStG 2005 § 22 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa und bb, § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1

Urteil vom 19. Januar 2010 X R 53/08

Vorinstanz: FG Münster vom 14. Oktober 2008 14 K 2406/06 E (EFG 2009, 112)

Gründe

A.
1
Der am 5. März 1931 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde im Streitjahr 2005 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen. Außerdem bezog er seit dem 1. April 1996 eine Rente aus einer gesetzlichen Rentenversicherung. Die monatlichen Rentenzahlungen setzten sich im Streitjahr wie folgt zusammen:
2

bis 30. Juni 2005

ab 1. Juli 2005
Rentenbetrag

1.882,82 €

1.882,82 €
Zuschuss Krankenversicherung

134,62 €

125,21 €
auszuzahlender Betrag

2.017,44 €

2.008,03 €

3
Der Kläger war in der Zeit von Mai 1993 bis April 1996 als angestellter Wirtschaftsprüfer nichtselbständig, im Ãœbrigen stets selbständig tätig. Er zahlte im Jahr 1972 für den Zeitraum Januar 1956 bis Dezember 1972 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach. Dabei lagen seine Einzahlungen für die Jahre 1956 bis 1967 oberhalb der Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Insgesamt leistete er für die Jahre 1956 bis März 1996 –einschließlich der Arbeitgeberanteile für den Zeitraum Mai 1993 bis März 1996– Beiträge in Höhe von 291.111 DM. Ausweislich des Schreibens der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 8. März 2006 zahlte der Kläger in fünf Jahren Beiträge zur allgemeinen Rentenversicherung oberhalb des Höchstbeitrags, und zwar in den Jahren 1968, 1985, 1987, 1989 und 1991. Die Einzahlungen für die Jahre 1956 bis 1967 wurden dabei von der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht berücksichtigt.

4
Der Kläger bezog in den Jahren 1996 bis 2005 Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 438.911 DM. Der der Besteuerung unterworfene Ertrags- bzw. Besteuerungsanteil der Rentenzahlungen belief sich in diesem Zeitraum (ohne Berücksichtigung des Werbungskosten-Pauschbetrages) auf 128.665 DM, steuerfrei blieben 310.246 DM. In seiner Einkommensteuererklärung 2005 erklärte der Kläger Renteneinkünfte in Höhe von 24.143 €. In diesem Betrag war auch der monatliche Zuschuss zur Krankenversicherung enthalten. Der Kläger beantragte, die Rente nach Maßgabe der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) lediglich in Höhe von 18 % statt in Höhe von 50 % zu besteuern.

5
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) folgte dem auch im Rechtsbehelfsverfahren nicht, sondern ermittelte den der Besteuerung unterworfenen Anteil der Renteneinkünfte –abzüglich der nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfreien Krankenversicherungszuschüsse– gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit 11.298 €.

6
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 112 veröffentlichten Urteil ab. Das FA habe den der Besteuerung zugrunde zu legenden Anteil der Renteneinkünfte nach Maßgabe des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zutreffend in Höhe von 11.298 € ermittelt. Die vom Kläger begehrte niedrigere Besteuerung der Renteneinkünfte könne nicht aus dem Gesetz hergeleitet werden. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht vor. Der Kläger habe einen Nachweis, dass der jeweilige Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG mindestens zehn Jahre überschritten worden sei, nicht erbracht. Bei der Prüfung, ob nachgezahlte Beiträge die jährlichen Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung überschritten, sei der Zahlungszeitraum maßgeblich und nicht der Zeitraum, für den die Nachzahlungen erbracht würden. Zwar regele die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG die Frage, welche Zeiträume bei der Nachzahlung von Beiträgen maßgeblich seien, nicht ausdrücklich. Der Sinn und Zweck der Öffnungsklausel gebiete jedoch die Geltung des sog. In–Prinzips. Nach dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG normierten Abflussprinzip komme es für die Höhe des Sonderausgabenabzugs auf die in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum erbrachten tatsächlichen Zahlungen an. Dies gelte auch für die Nachzahlung von Beiträgen für bereits abgelaufene Jahre. Hänge aber die Frage einer möglichen Doppelbesteuerung maßgeblich von der Höhe der abzugsfähigen Sonderausgaben und der in jedem Jahr erbrachten Beitragszahlungen ab, sei es sachgerecht, für die Beantwortung der Frage, ob der Betrag des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr als zehn Jahre überschritten worden ist, ebenfalls auf das Jahr der Zahlung der Beiträge abzustellen.

7
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das FG sei bei der Rechtsprechung an Recht und Gesetz gebunden und habe diesen Auftrag nicht erfüllt.



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