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Rentenbeiträge für behinderte Menschen müssen erhalten bleiben



Zu dem heutigen Beschluss eines „Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“ durch das Bundeskabinett erklären die sozial- und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Anette Kramme, die Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Silvia Schmidt und die zuständige Berichterstatterin Katja Mast:

In diesem technisch anmutendem Änderungsgesetz zu den gemeinsamen Vorschriften der Sozialversicherung liegt sozial- und arbeitsmarktpolitischer Sprengstoff:


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Die sozialpolitisch unumstrittene rentenrechtliche Regelung für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen, wonach diese Anwartschaften auf Grundlage von 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten erwerben, soll in der Finanzierung geändert werden: Künftig soll die Erstattung der höheren Beiträge an die Rentenversicherung nur dann durch den Bund erfolgen, wenn behinderte Menschen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt tätig sind. Für Personen im sogenannten Eingangs- oder Berufsbildungsbereich sollen stattdessen die Rehabilitationsträger, also die Bundesagentur für Arbeit oder die Rentenversicherungsträger, diese Kosten tragen.

Die Bundesregierung verabschiedet sich von einem tragenden Prinzip bundesdeutscher Sozialpolitik: Dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus verteilungs- und beschäftigungspolitischen Gründen durch Steuern zu finanzieren sind. Es ist nicht einzusehen, dass künftig allein die Beschäftigten und die Arbeitgeber durch ihre Sozialversicherungsbeiträge diese Leistung finanzieren sollen.

Bereits seit 2008 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales seine Rechtsauffassung geändert und die Rehabilitationsträger – ohne rechtliche Grundlage – verpflichtet, die höheren Beiträge zu entrichten. Dass die Bundesregierung versucht, durch eine Rückwirkung zum 1. Januar 2008 ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichtes, das diese Praxis für rechtswidrig erklärt hat, zu korrigieren, ist nicht nur peinlich, sondern – so steht es in der Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung Bund -auch „verfassungswidrig, da hier in abgeschlossene, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingegriffen wird.“

Der Bundesagentur für Arbeit entstehen durch die Rückwirkung Mehrausgaben in Höhe von 400 Mio. Euro, und künftig in Höhe von 120 Mio. Euro jährlich. Auch die Rentenversicherung wäre mit 130 Mio. Euro, und künftig ca. 32,5 Mio. Euro jährlich erheblich belastet.

Für die Bundesagentur für Arbeit, die ohnehin mit einem defizitären Beitragssatz arbeiten muss, ist dies ein Schlag ins Kontor. Es überrascht daher nicht, dass der ansonsten sehr moderate Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sich in seinem heutigen Bericht im zuständigen Bundestags-Ausschuss über diese Regelung empörte, da sie nicht in der Haushaltsplanung eingepreist sei.

Zum politischen Skandal wird dieses Vorhaben endgültig dadurch, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sich in diversen schriftlichen Vereinbarungen verpflichtet hat, die anstehende gerichtliche Ãœberprüfung durch das Landessozialgericht zu akzeptieren. Die in dem gemeinsamen Schreiben von Peter Clever (BDA) und Annelie Buntenbach (DGB) vom 15. April 2011 an die arbeitsmarktpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen berichtete Ablehnung der neuen Rechtsposition durch die zuständige Fachabteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die sich allerdings gegenüber der Haushaltsabteilung nicht durchsetzen konnte, ist dann das I-Tüpfelchen in dieser Geschichte.

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