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Keine erneute Entscheidung über bestandskräftig abgelehntes Kindergeld aufgrund eines Kindergeldantrags BFH III R 67/07


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Keine erneute Entscheidung über bestandskräftig abgelehntes Kindergeld aufgrund eines Kindergeldantrags des nach § 67 Satz 2 Alternative 2 EStG selbst antragsberechtigten Kindes


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Auch wenn ein Kind nach § 67 Satz 2 Alternative 2 EStG berechtigt ist, das Kindergeld selbst zu beantragen, kann es mit einem Antrag auf Kindergeld keine erneute Entscheidung über den vom Kindergeldberechtigten geltend gemachten, bestandskräftig abgelehnten Kindergeldanspruch erreichen.

EStG § 67 Satz 2 Alternative 2, § 74 Abs. 1

Urteil vom 26. November 2009 III R 67/07

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 9. Juli 2007 3 K 30/07 (EFG 2008, 64)

Gründe

I.
1
Die Beigeladene erhielt für ihre 1981 geborene Tochter, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), bis einschließlich Dezember 2002 Kindergeld. Die Klägerin absolvierte nach ihrer Schulausbildung von August 2001 bis Ende Juni 2004 eine Ausbildung. Sie lebte zu dieser Zeit in einer eigenen Wohnung und erhielt von ihren Eltern keine Unterhaltsleistungen.

2
Mit Bescheid vom 27. April 2004 lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) den Antrag der Beigeladenen auf Kindergeld für die Klägerin ab, da die Einkünfte und Bezüge der Klägerin im Jahr 2003 den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 7.188 € überschritten hätten. Diesen Bescheid, der der Klägerin nicht bekannt gegeben wurde, hat die Beigeladene nicht angefochten.

3
Im August 2006 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260) die „rückwirkende Auszahlung“ des Kindergeldes u.a. für den Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2004 an sich. Daraufhin setzte die Familienkasse mit Bescheid vom 1. November 2006, den sie an die Beigeladene richtete, Kindergeld für die Monate Mai und Juni 2004 fest. Eine Änderung des Bescheids vom 27. April 2004 sei nicht möglich, da durch diesen der Kindergeldanspruch ab Januar 2003 bestandskräftig abgelehnt worden sei. Die Nachzahlung werde an die Klägerin überwiesen, da diese den Antrag auf Neuberechnung gestellt habe.

4
Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin, der ein Abdruck des an die Beigeladene adressierten Bescheids übersandt worden war, wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 27. November 2006 zurück.

5
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch Urteil vom 9. Juli 2007 3 K 30/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 64) überwiegend statt. Der Ablehnungsbescheid vom 27. April 2004 stehe einer Kindergeldfestsetzung zu Gunsten der Beigeladenen nicht entgegen, denn er entfalte keine Bindungswirkung im Verhältnis zur Klägerin. Diese sei weder i.S. des § 78 der Abgabenordnung (AO) an dem Kindergeldfestsetzungsverfahren der Beigeladenen beteiligt gewesen, noch sei ihr der Ablehnungsbescheid bekannt gegeben worden. Der Bescheid habe somit im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Familienkasse weder formell noch materiell bestandskräftig werden können.

6
Mit ihrer Revision bringt die Familienkasse vor, das FG habe die strenge Akzessorietät des Abzweigungsanspruchs nach § 74 Abs. 1 EStG hinsichtlich des Leistungsanspruchs des Kindergeldberechtigten nicht berücksichtigt. Die Ansicht des FG führe dazu, dass gegenüber der Beigeladenen neben dem bestandskräftigen Ablehnungsbescheid ein weiterer Bescheid ergehen könne, der den gleichen Sachverhalt regele. Ein bestimmter Sachverhalt könne jedoch nicht in zwei parallelen Bescheiden rechtlich unterschiedlich geregelt werden. Ein neuer Bescheid zum gleichen Sachverhalt könne einen vorangegangenen Bescheid allenfalls ändern oder ersetzen. Änderungsvorschriften seien im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig.

7
Die Familienkasse beantragt sinngemäß, das Urteil des FG insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

8
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.
9
Die Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit diese die Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Dezember 2003 betrifft (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Im Ãœbrigen ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

10
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass zugunsten der Beigeladenen Kindergeld für die Zeit von Januar bis Dezember 2003 festgesetzt und an sie, die Klägerin, ausgezahlt wird. Denn einer entsprechenden Festsetzung steht der gegenüber der Beigeladenen ergangene Bescheid vom 27. April 2004 entgegen, durch den die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld zugunsten der Beigeladenen für den betreffenden Zeitraum bereits bestandskräftig abgelehnt hat. Die Bestandskraft dieses Bescheids muss die Klägerin gegen sich gelten lassen.


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