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Keine doppelte Energiesteuerentlastung für Betreiber von Bodenstromaggregaten – Umsetzung von Richtlinienvorschriften in nationales Recht (BFH VII R 48/08)


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Keine doppelte Energiesteuerentlastung für Betreiber von Bodenstromaggregaten
1. Betreiber von Bodenstromaggregaten zur Bordstromversorgung von Flugzeugen können für das Kalenderjahr 2004 neben der nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu gewährenden Steuerbefreiung für den erzeugten Strom nicht zusätzlich eine Vergütung der auf dem zur Stromerzeugung eingesetzten Gasöl lastenden Energiesteuer beanspruchen.


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2. Einem unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL abzuleitenden Anspruch auf Befreiung der bei der Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnisse von der Energiesteuer steht die Regelung in Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 EnergieStRL entgegen, die der deutsche Gesetzgeber in einer für die betroffenen Verwender erkennbaren Weise in nationales Recht umgesetzt hat.

EnergieStRL Art. 14 Abs. 1 Buchst. a, Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3

Urteil vom 1. Dezember 2009 VII R 48/08

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 15. Oktober 2008 4 K 1819/06 VM

Gründe

I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Betreiberin eines Flughafens. Zur Bordstromversorgung von Flugzeugen setzt sie Bodenstromaggregate ein, mit denen unter Verwendung von Gasöl der Pos. 2710 der Kombinierten Nomenklatur (KN) Strom erzeugt wird. Die Nennleistung dieser Aggregate beträgt weniger als zwei Megawatt. Den auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) gestützten Antrag, für das Kalenderjahr 2004 die im Kaufpreis für das Gasöl enthaltene Mineralölsteuer zu vergüten, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt –HZA–) ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

2
Das Finanzgericht (FG) setzte zunächst das Verfahren aus und richtete an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ein Vorabentscheidungsersuchen zu der Frage, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL dahin auszulegen sei, dass sich ein Unternehmen, das versteuertes Gasöl der Pos. 2710 KN zur Stromerzeugung verwendet und einen Vergütungsantrag gestellt hat, unmittelbar auf diese Bestimmung berufen könne. Mit Urteil vom 17. Juli 2008 C-226/07 (Slg. 2008, I-5999) beantwortete der EuGH die Vorlagefrage dahingehend, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL unmittelbare Wirkung entfalte, so dass sich ein Einzelner vor den nationalen Gerichten für einen Zeitraum, in dem der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgerecht in sein innerstaatliches Recht umgesetzt habe, unmittelbar auf diese Bestimmung berufen könne.

3
Daraufhin urteilte das FG, dass sich aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL zwar ein unmittelbarer Vergütungsanspruch ergebe, aber im Streitfall dem Begehren der Klägerin Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 2 EnergieStRL entgegenstehe. Danach könnten die Mitgliedstaaten kleine Stromerzeuger von der Steuer befreien, sofern sie die zur Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnisse besteuerten. Von dieser Möglichkeit habe Deutschland im Streitjahr durch die in § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) für kleine Stromerzeuger angeordnete Steuerbefreiung Gebrauch gemacht. Infolgedessen komme eine energiesteuerrechtliche Entlastung des zur Stromerzeugung eingesetzten Gasöls nicht in Betracht. Diesem Ergebnis stehe nicht entgegen, dass der Gesetzgeber die EnergieStRL erst mit Wirkung vom 1. August 2006 umgesetzt habe. Denn hinsichtlich der Regelung in Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 2 EnergieStRL habe es einen Umsetzungsbedarf nicht gegeben. Im Streitfall habe daher bis zur ordnungsgemäßen Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben keine Rechtsunsicherheit bestanden. Ein Vergütungsanspruch könne auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass im Streitjahr der Steuerentlastung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG im Vergleich zur Rechtslage nach Inkrafttreten des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) eine wesentlich höhere Steuerbelastung der zur Stromerzeugung eingesetzten Energieerzeugnisse gegenüberstand.

4
Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das FG habe das Urteil des EuGH ignoriert und den ihr zustehenden Vergütungsanspruch zu Unrecht nicht gewährt. Unzutreffend gehe das FG davon aus, dass dem Vergütungsanspruch Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 2 EnergieStRL entgegenstehe. Nach der Rechtsprechung des EuGH könne sich ein Mitgliedstaat nicht zu Lasten eines Bürgers auf eine Richtlinienbestimmung berufen. Insoweit sei eine unmittelbare Wirkung dieser Regelung –selbst unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks– ausgeschlossen. Fehl gehe die Annahme, dass es im Streitjahr in Bezug auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL keines Umsetzungsakts bedurft habe. Ein Mitgliedstaat, der es versäumt habe, einen Gemeinschaftsrechtsakt fristgerecht umzusetzen, könne sich seiner Umsetzungspflicht nicht dadurch entziehen, dass er auf eine in der Richtlinie angelegte Möglichkeit zur Begrenzung der Steuerbegünstigung verweise. Schließlich sei es weder unbillig noch unangemessen, wenn es bis zum 1. August 2006 zu einer doppelten Begünstigung kleiner Stromerzeuger komme.

5
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils das HZA zu verpflichten, die beantragte Vergütung zu gewähren.

6
Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

7
Im Wesentlichen schließt es sich der Argumentation des FG an. Die Umsetzung einer Richtlinie könne dadurch erfolgen, dass das geltende Recht bereits den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entspreche. In diesem Fall bedürfe es keines förmlichen Umsetzungsakts. Von der Frage der Umsetzung sei die Frage zu trennen, in welchem Maß der Gesetzgeber die ihm eingeräumte Möglichkeit zur Gewährung einer Steuerbegünstigung ausschöpfe. Im Streitfall erweise sich die Besteuerung der bei der Stromerzeugung eingesetzten Energieerzeugnisse, also des Inputs, vor dem Hintergrund der EnergieStRL als sachgerecht.

II.
8
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Vergütung der im Streitjahr im Kaufpreis für das zur Stromerzeugung verwendete Gasöl enthaltenen Mineralölsteuer zu.


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