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Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck der Bank (BFH III R 101/06)


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Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur Vermögensverwaltung unerheblich; dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z.B. Druck der finanzierenden Bank und Androhung von Zwangsmaßnahmen.

Die –durch die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von etwa fünf Jahren indizierte– (zumindest) bedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden, nicht aber durch Erklärungen des Steuerpflichtigen über seine Absichten. In Betracht kommen vornehmlich Gestaltungen des Steuerpflichtigen in zeitlicher Nähe zum Erwerb, die eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen.


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EStG § 15 Abs. 2
Urteil vom 17. Dezember 2009 III R 101/06
Vorinstanz: FG Köln vom 26. Oktober 2006 6 K 394/04 (EFG 2007, 185)

Gründe

I.
1
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin war in den Streitjahren als kaufmännische Angestellte in seinem Unternehmen beschäftigt.

2
Mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Juli 1992 erwarb die Klägerin ein Grundstück. Auf diesem befand sich ein Einfamilienhaus, das die Kläger in der Folgezeit renovierten und seit November 1994 selbst bewohnen. Von 1992 bis zum 1. Februar 1995 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück zusätzlich ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen, einem Büro-, einem Werkstatt- und Lagerraum sowie acht Garagen, die den Wohnungen nicht zugeordnet waren. Nach Fertigstellung wurden zwei der Wohnungen verbilligt an ihre beiden Kinder und die anderen acht auf unbestimmte Dauer an Dritte vermietet. Die Mietverträge enthielten jeweils eine Staffelmietvereinbarung für zehn Jahre. Die Büro-, Lager- und Werkstatträume vermietete die Klägerin an den Kläger zur gewerblichen Nutzung.

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Die Herstellungskosten für den Neubau waren auf 2.495.000 DM veranschlagt worden. Tatsächlich beliefen sie sich auf 2.689.000 DM. Sie wurden –bis auf Eigenmittel von 4.000 DM– vollständig durch eine Bank fremdfinanziert. Am 31. Dezember 1998 standen den vorgenannten Herstellungskosten Darlehen in Höhe von 2.981.945 DM gegenüber.

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Mit Teilungserklärung vom 4. September 1995, d.h. sieben Monate nach Fertigstellung, wurde das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt. Die Klägerin verkaufte –zu über den Herstellungskosten liegenden Preisen– jeweils eine Wohnung am 24. Oktober 1997, am 1. März 1999, am 6. April 1999, am 10. Mai 1999, am 23. Juni 1999 und am 11. April 2000.

5
Für 1999 erklärte sie Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 83.636 DM und für 2000 von 42.163 DM.

6
Die Gewinne aus dem Einzelunternehmen des Klägers hatten vor 1991 jährlich ca. 160.000 DM und mehr betragen. Danach entwickelten sie sich rückläufig. In den Jahren 1993 und 1994 lagen sie bei ca. 60.000 DM, 1995 bei 110.000 DM, in den Jahren 1996 bis 1998 zwischen 70.000 und 80 000 DM, 1999 bei 95.000 DM und im Jahr 2000 bei 55.000 DM.

7
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) veranlagte für 1999 und 2000 zunächst erklärungsgemäß unter Nachprüfungsvorbehalt. In den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheides 1999 forderte er die Kläger ohne Erfolg auf, für die Jahre 1992 bis 1999 Gewinnermittlungen für ihren gewerblichen Grundstückshandel vorzulegen.

8
Daraufhin erließ das FA am 4. Dezember 2001 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Einkommensteuerbescheide und schätzte Einkünfte der Klägerin aus gewerblichem Grundstückshandel, ausgehend von den bisher erklärten Vermietungseinkünften ohne Absetzung für Abnutzung (AfA) und unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages sowie unter Erfassung der Veräußerungserlöse, für 1999 auf 513.000 DM und für 2000 auf 295.000 DM. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden für beide Jahre mit 0 DM angesetzt und die Nachprüfungsvorbehalte aufgehoben.

9
Nach dem Einspruch der Kläger wurden die Veräußerungsgewinne auf Grundlage der zwischenzeitlich von den Klägern den einzelnen Wohnungen zugeordneten Herstellungskosten und AfA-Beträgen –für 1999 mit 219.530 DM und für 2000 mit 18.693 DM– der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt.

10
Im Ãœbrigen hielt das FA in der Einspruchsentscheidung vom 23. Dezember 2003 daran fest, dass die Klägerin mit dem Verkauf der sechs Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es sei unbeachtlich, ob die Verkäufe stattgefunden hätten, um eine Zwangsvollstreckung durch die finanzierende Bank zu verhindern, weil das ursprüngliche Finanzierungskonzept wegen unvorhergesehener Gewinnrückgänge nicht habe eingehalten werden können und ob der Entschluss zur Teilung des Gesamtobjektes erst nach Fertigstellung und auf Druck der finanzierenden Bank gefasst worden sei. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden für 1999 mit minus 63.636 DM und für 2000 mit minus 35.163 DM geschätzt, indem der auf die veräußerten Wohnungen entfallende Anteil für 1999 mit minus 20.000 DM und für 2000 mit minus 7.000 DM angenommen und den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet wurde; diese Berechnung haben die Kläger nicht gerügt.


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11
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit Urteil vom 26. Oktober 2006 6 K 394/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 185), die Klägerin habe keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern sonstige Einkünfte i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Die auf die nicht veräußerten Wohnungen entfallenden Einnahmen und Ausgaben (einschließlich AfA) führten zu einem Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 83.636 DM und 42.163 DM. Zwar habe die Klägerin innerhalb von fünf Jahren seit der Errichtung mehr als drei Eigentumswohnungen veräußert. Gewichtige Umstände sprächen aber gegen eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht der Klägerin bereits bei Errichtung des Hauses. Die sechs Wohnungen seien in den Jahren 1997, 1999 und 2000 nicht aus freien Stücken, sondern auf Druck der finanzierenden Bank veräußert worden, um einer Zwangsversteigerung des gesamten Objektes zu entgehen. Die Bank habe zur Begutachtung des Kreditengagements bereits einen Mitarbeiter herangezogen, dessen Einschaltung der Einleitung von Zwangsmaßnahmen über die Rechtsabteilung stets unmittelbar vorangegangen sei. Die Höhe der Darlehen zum 31. Dezember 1998 und der rückläufige Gewinn im Betrieb des Klägers verdeutlichten die Zwangslage. Die fehlende Veräußerungsabsicht der Klägerin dokumentiere sich auch dadurch, dass sie die im Finanzierungsangebot vom 4. April 1995 von der Bank eingeforderte Bestätigung ihrer Verkaufsabsichten nicht erteilt habe. Der als Zeuge vernommene Geschäftsstellenleiter der Bank habe glaubhaft dargelegt, dass die Klägerin von einem Verkauf nichts habe wissen wollen und weiterhin davon ausgegangen sei, das Objekt aus den Erträgen finanzieren zu können. Auch die in dem Gesprächsprotokoll der Bank vom 26. Oktober 1995 getroffene Feststellung, dass die Klägerin hinsichtlich des notwendig werdenden Verkaufs von Eigentumswohnungen nicht einsichtig sei, spreche gegen eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Veräußerungsabsicht. Die Abfolge der Veräußerungen –nur sukzessive, lediglich nach den Erfordernissen der Finanzierungssituation sowie erstmals mehr als zwei Jahre nach der Teilung des Objekts– belegten eine fehlende Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Errichtung. In diesem Zusammenhang sei auch bedeutsam, dass die Klägerin seit 2000 keine weiteren Wohnungen mehr veräußert habe. Die durch sie abgeschlossenen unbefristeten Mietverträge mit jeweils zehn Jahre umfassender Staffelmietvereinbarung wiesen ebenfalls darauf hin, dass sie an langfristigen Mietverhältnissen und an einer Fruchtziehung im Wege der Vermietung interessiert gewesen sei. Die im Betrieb des Klägers mitarbeitenden Kinder hätten zugleich mit der Wohnungsüberlassung an den Sitz des Familienunternehmens gebunden werden sollen. Die Klägerin habe den Verkauf auch nicht z.B. durch Werbung „wie ein Händler“ gestaltet.


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