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Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere Erwerbe bei irriger Annahme einer einheitlichen Zuwendung durch das FA wirksam (BFH II R 54/07)


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Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere Erwerbe bei irriger Annahme einer einheitlichen Zuwendung durch das FA wirksam
Ist das FA bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere freigebige Zuwendungen erkennbar davon ausgegangen, es liege eine einheitliche Zuwendung vor, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheids.

AO § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2
ErbStG i.d.F. des StÄndG 1992 bzw. des StMBG § 12 Abs. 1a Satz 1
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 1
GmbHG § 15 Abs. 3, § 54 Abs. 3

Urteil vom 20. Januar 2010 II R 54/07
Vorinstanz: FG Nürnberg vom 20. September 2007 IV 277/2004 (EFG 2008, 395)


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Gründe

I.
1
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), sein Bruder (B) und deren Vater (V) beschlossen am 10. November 1993, das Stammkapital einer GmbH, an der sie zu je einem Drittel beteiligt waren, von 120.000 DM auf 5 Mio. DM zu erhöhen. Die neuen Stammeinlagen sollten der Kläger und B zu je 1.339.000 DM sowie V zu 2.202.000 DM übernehmen und in bar sowie durch Einbringung von Aktien leisten.

2
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11. November 1993 trat V an den Kläger und B jeweils die Hälfte seines bestehenden Geschäftsanteils von nominell 40.000 DM und seines aufgrund der Kapitalerhöhung neu entstehenden Geschäftsanteils von 2.202.000 DM „mit sofortiger Wirkung“ schenkweise ab. Die Kapitalerhöhung wurde aufgrund der Anmeldung vom 11. Mai 1994 am 22. August 1995 in das Handelsregister eingetragen.

3
In der im Februar 1996 eingereichten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger eine am 11. November 1993 ausgeführte Zuwendung eines Geschäftsanteils von 1.121.000 DM mit einem Wert von 131 % des Nominalwerts an. Diese Bewertung stützte er auf den durch Art. 16 Nr. 3 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297) eingeführten § 12 Abs. 1a Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Nach dieser Vorschrift war das Vermögen, wenn der gemeine Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu schätzen war (§ 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes –BewG–), abweichend von § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG mit dem Einheitswert des Gewerbebetriebs anzusetzen, der für den Feststellungszeitpunkt maßgebend war, der der Entstehung der Steuer voranging oder mit ihm zusammenfiel (vgl. dazu Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 12 Rz 50). § 12 Abs. 1a ErbStG wurde durch Art. 18 Nr. 2 des Missbrauchbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310) für Erwerbe nach dem 11. November 1993 geändert (§ 37 Abs. 11 ErbStG i.d.F. des Art. 18 Nr. 3 Buchst. b StMBG). Nunmehr war das Vermögen mit dem Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer anzusetzen.

4
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) setzte die Schenkungsteuer zunächst entsprechend der Steuererklärung des Klägers mit Bescheid vom 20. Mai 1997 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 229.839 DM fest. Nach einer Außenprüfung und Eingang der Verträge vom 10. und 11. November 1993 im Oktober 1997 erhöhte das FA entsprechend einer vorherigen Ankündigung die Schenkungsteuer für den Erwerb „zum 11.11.1993 (Ãœbergabevertrag)“ mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 auf 2.807.285 DM. Als Wert des Erwerbs setzte es dabei die insgesamt auf den Kläger übertragenen Geschäftsanteile mit 1 069 % ihres Nominalwerts (1.121.000 DM), also mit 11.983.490 DM an. Es berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung Vorerwerbe aus den Jahren 1984 und 1986. In den Erläuterungen zu dem Bescheid führte das FA aus, für die Ãœbertragung der im Rahmen der Kapitalerhöhung in die GmbH einzubringenden Aktien seien die Zustimmung der AG und die Eintragung in das Handelsregister erforderlich gewesen. Da diese erst nach dem 11. November 1993 erfolgt seien, sei die Schenkung zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeführt gewesen. Da die Schenkung nach dem 11. November 1993 ausgeführt worden sei, sei der Besteuerung der gemeine Wert zum Besteuerungszeitpunkt zu Grunde zu legen.

5
Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA die Steuer auf 2.767.889 DM herab und führte zur Begründung aus, die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20.000 DM sei bereits am 11. November 1993 ausgeführt worden. Dieser Geschäftsanteil sei daher mit 131 % seines Nominalwerts anzusetzen, also mit 26.200 DM. Für seinen Erwerb sei keine Steuer festzusetzen; denn wegen Ablaufs der in § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bestimmten Frist von zehn Jahren seit einer im Jahr 1981 erfolgten Vorschenkung habe dem Kläger der Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Höhe des Erwerbs von 26.200 DM erneut zugestanden. Da die Zuwendung des Geschäftsanteils von 1.101.000 DM erst nach dem 11. November 1993 ausgeführt worden sei, sei die Steuer für diesen Erwerb gesondert festzusetzen. Dieser Geschäftsanteil sei mit 1 069 % seines Nominalwerts zu bewerten, also mit 11.769.690 DM. Die Vorerwerbe aus den Jahren 1984, 1986 und 1993 seien bei der Steuerberechnung ebenso zu berücksichtigen wie der darauf entfallende Anrechnungsbetrag.

6
Das Finanzgericht (FG) sah in der Zuwendung der Geschäftsanteile von 20.000 DM und 1.101.000 DM ebenfalls zwei Erwerbe, weil die Schenkungsteuer zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sei, nämlich für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20.000 DM am 11. November 1993 und für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 1.101.000 DM mit der Anmeldung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister am 11. Mai 1994. Der Schenkungsteuerbescheid sei trotz der unaufgegliederten Steuerfestsetzung für die beiden Erwerbe nicht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig, da für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20.000 DM eine Steuer von 0 DM festzusetzen gewesen wäre und die Bemessungsgrundlagen der Steuer auf den Erwerb des Geschäftsanteils von 1.101.000 DM, der zum 11. Mai 1994 mit 1 069 % seines Nominalwerts zu bewerten sei, reduziert werden könnten. Die Schenkungsteuer sei jedoch auf 2.589.527 DM herabzusetzen, weil das FA die 1984 ausgeführte freigebige Zuwendung bei der Berechnung der Steuer für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 1.101.000 DM zu Unrecht gemäß Â§ 14 Abs. 1 ErbStG als Vorerwerb berücksichtigt habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 395 veröffentlicht.

7
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sowie § 119 Abs. 1 und § 125 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Die Zuwendung der beiden Geschäftsanteile sei aufgrund des einheitlichen Schenkungsversprechens am 11. November 1993 ausgeführt worden. Die Anteile seien demgemäß nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 12 Abs. 1a Satz 1 ErbStG mit 131 % ihres Nominalwerts anzusetzen. Sollten zwei Erwerbe anzunehmen sein, seien die Steuerbescheide wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig.


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