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BFH VII R 26/08 – Antidumpingzoll: Anwendung der "de-minimis-Regelung" im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China


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Antidumpingzoll: Anwendung der „de-minimis-Regelung“ im Firmenverbund hinsichtlich der Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China
Die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Fahrradteile durch eine Partei an eine mit ihr geschäftlich verbundene Partei ist antidumpingzollrechtlich keine Lieferung, denn hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China, nämlich die Lieferung der Fahrradteile an Montagebetriebe in nur geringfügigen Mengen, vorliegen, sind geschäftlich miteinander verbundene Parteien als eine Partei anzusehen.


ZK Art. 204 Abs. 1 Buchst. a
ZKDVO Art. 143
ZKDVO a.F. Art. 291, Art. 294 Abs. 3, Art. 297 Abs. 1
VO Nr. 88/97 Art. 14 Buchst. c Satz 2

Urteil vom 27. Oktober 2009 VII R 26/08

Vorinstanz: FG München vom 10. April 2008 14 K 1020/04

Gründe

I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich gegen die Festsetzung von Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrradteilen aus der Volksrepublik China (China) durch die T-GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist.

2
Durch die Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 (VO Nr. 2474/93) des Rates vom 8. September 1993 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften –ABlEG– Nr. L 228/1) wurde ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fahrrädern und anderen Zweirädern mit Ursprung in China eingeführt. Um die Umgehung des eingeführten Antidumpingzolls durch die Einfuhr von Fahrradteilen zu verhindern, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 (VO Nr. 71/97) des Rates vom 10. Januar 1997 zur Ausweitung des mit der VO Nr. 2474/93 eingeführten Antidumpingzolls […] (ABlEG Nr. L 16/55) der auf die Einfuhren von Fahrrädern mit Ursprung in China eingeführte Antidumpingzoll auf die Einfuhren wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China ausgeweitet. Art. 3 VO Nr. 71/97 gab der Kommission die Ermächtigung zum Erlass von Bestimmungen, um Einfuhren wesentlicher Fahrradteile, mit denen der Antidumpingzoll nicht umgangen wird, von dem ausgeweiteten Zoll zu befreien. Diese Bestimmungen wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 88/97 (VO Nr. 88/97) der Kommission vom 20. Januar 1997 […] (ABlEG Nr. L 17/17) erlassen. Danach konnten (u.a.) gemäß Art. 14 VO Nr. 88/97 zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete wesentliche Fahrradteile vom Antidumpingzoll befreit werden, sofern sie unter zollamtlicher Kontrolle im Verfahren der besonderen Verwendung an bestimmte Abnehmer geliefert oder in geringer Stückzahl (weniger als 300 Stück/Monat) bezogen oder geliefert wurden.

3
Auf ihren Antrag waren der T-GmbH 1997 und 1999 zollamtliche Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China erteilt worden. Die T-GmbH gehörte seinerzeit zu einer mit Fahrradteilen handelnden Firmengruppe, der außer ihr die RTV-GmbH sowie M als Inhaber der Einzelfirma RM (Fa. RM) angehörten, dem die Gesellschaftsanteile der T-GmbH und der RTV-GmbH, deren Geschäftsführer er war, zu 100 % gehörten. Die von der T-GmbH im Rahmen der ihr erteilten Bewilligungen zur besonderen Verwendung unter Befreiung vom Antidumpingzoll eingeführten Fahrradteile wurden z.T. innerhalb der Firmengruppe an die Fa. RM und die RTV-GmbH weitergegeben und diesen in Rechnung gestellt. Im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Firma wurden die Fahrradteile dann einzelnen Kunden verkauft.

4
Aufgrund einer Prüfung bei der T-GmbH vertraten das Hauptzollamt B, dessen Zuständigkeit auf den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt –HZA–) übergegangen ist, und das HZA die Ansicht, dass die seitens der T-GmbH eingeführten Fahrradteile z.T. nicht unter den für die Befreiung vom Antidumpingzoll geltenden Bedingungen verwendet worden seien, und erhoben insoweit mit mehreren Bescheiden Antidumpingzoll nach. Die Nacherhebung stützte sich auf die Prüfungsfeststellungen, wonach zum einen Fahrradteile als Muster bzw. zu Montagezwecken verwendet oder wieder ausgeführt worden seien, zum anderen die monatliche Mengenbegrenzung durch Lieferungen von mehr als 299 Fahrradteilen an die Fa. RM oder die RTV-GmbH überschritten und teilweise auch die Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die hiergegen erhobenen Einsprüche blieben ohne Erfolg; im anschließenden Klageverfahren wurde allerdings Antidumpingzoll z.T. erlassen, nachdem weitere Verwendungsnachweise anerkannt worden waren.

5
Das Finanzgericht (FG) wies die wegen der verbleibenden Abgabenfestsetzung aufrechterhaltene Klage zum überwiegenden Teil ab. Das FG urteilte, die Verwendung von Fahrradteilen zur Montage von Ausstellungsstücken und Mustern sei keine abgabenbegründende Pflichtverletzung gewesen, und änderte insoweit die angefochtenen Bescheide. Im Ãœbrigen sei die Nacherhebung des Antidumpingzolls jedoch rechtmäßig. Die Abgabenschuld sei gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex (ZK) entstanden, weil die T-GmbH ihre Pflichten im Verfahren der besonderen Verwendung insofern nicht erfüllt habe, als die eingeführten Fahrradteile z.T. einer anderen als der vorgeschriebenen Verwendung zugeführt bzw. die Verwendungsfristen nicht eingehalten worden seien. Die T-GmbH sei nach der für eine Befreiung allein in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 14 Buchst. c VO Nr. 88/97 berechtigt gewesen, Fahrradteile in Mengen von weniger als 300 Stück pro Monat selbst zu beziehen oder als Verteiler an eine andere Partei (Kunde) zu liefern. Diese Berechtigung habe sie überschritten, soweit sie pro Monat mehr als 299 Stück bestimmter Fahrradteile an die Fa. RM oder die RTV-GmbH geliefert habe, denn die Organschaft sei nicht wie eine Partei und die Lieferungen innerhalb der Organschaft seien daher wie Lieferungen an andere Parteien (Kunden) zu behandeln. Eine Pflichtverletzung i.S. des Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK seitens der T-GmbH liege auch insoweit vor, als sie Fahrradteile nicht innerhalb eines Jahres an eine andere Partei geliefert habe. Die Fristüberschreitung habe sich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Zollverfahrens der besonderen Verwendung ausgewirkt, denn die Voraussetzungen, unter denen der T-GmbH bei rechtzeitiger Antragstellung eine Fristverlängerung hätte gewährt werden können, lägen nicht vor.



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