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BFH Urteil II R 11/08 Rückgängigmachung aufgrund eines befristet vereinbarten und von nachträglich eintretenden Umständen abhängigen Rücktrittsrechts


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Rückgängigmachung aufgrund eines befristet vereinbarten und von nachträglich eintretenden Umständen abhängigen Rücktrittsrechts
1. Wird in einem Grundstückskaufvertrag ein vom nachträglichen Eintritt bestimmter Ereignisse abhängiges Rücktrittsrecht vereinbart, unterfällt die Ausübung dieses Rechts bei vollständiger Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs dem § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG und unterliegt daher nicht der Zweijahresfrist der Nr. 1 der Vorschrift.
2. Ist ein solches Rücktrittsrecht befristet vereinbart, bleibt es trotz ggf. mehrfach noch innerhalb der laufenden Frist erfolgter Verlängerung bestehen, wenn jeweils wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Vertragsanpassung in Gestalt einer Fristverlängerung bestand.
3. Ist die vereinbarte Frist für die Ausübung eines derartigen Rücktrittsrechts erst einmal verstrichen, stellt eine dennoch vereinbarte „Fristverlängerung“ die Begründung eines neuen Rücktrittsrechts dar. Ihm kommt nur Bedeutung zu, wenn sowohl die Neubegründung als auch die Ausübung dieses Rechts noch innerhalb der Zweijahresfrist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfolgt.


GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2
BGB § 242, § 313 Abs. 2

Urteil vom 18. November 2009 II R 11/08

Vorinstanz: FG Münster vom 19. November 2007 8 K 2562/05 GrE (EFG 2008, 877)

Gründe

I.
Am 29. September 1999 schloss die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Wohnungsbaugesellschaft, mit der Liegenschaftsverwaltung eines größeren Unternehmens einen notariell beurkundeten Vertrag über den Kauf einer noch zu vermessenden Teilfläche eines unerschlossenen Grundstücks zum Preis von 466.260 DM, um darauf Wohnhäuser zu errichten. Die Erschließung der Teilfläche sollte über die Restfläche erfolgen. Die Klägerin sollte mit der Stadt einen Erschließungsvertrag über die Gesamtfläche schließen, in den die Verkäuferin oder deren etwaiger Rechtsnachfolger eintreten sollte. Sollten das Erschließungsvorhaben sowie das Bauvorhaben der Klägerin –letzteres an einem negativen Vorbescheid der Genehmigungsbehörde– scheitern, stand der Klägerin ein bis zum 28. Februar 2000 auszuübendes Rücktrittsrecht zu. Bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages war die Verkäuferin vollmachtlos vertreten. Sie genehmigte die Erklärungen des Vertreters am 27. Oktober 1999.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2000 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin –wegen der Vermessungskosten vorläufig– auf 16.319 DM fest. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 beantragte die Klägerin die Aufhebung des Bescheids. Die Erschließung und das Bauvorhaben waren gescheitert und deshalb der Kaufvertrag nicht vollzogen worden. Eine zugunsten der Klägerin bereits eingetragene Auflassungsvormerkung wurde wieder gelöscht. Die Löschungsbewilligung datiert vom 1. September 2003. In der Zwischenzeit war die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts mehrfach Gegenstand weiterer notarieller Urkunden, mit denen sie hinausgeschoben wurde. Dazu liegen vor:

a) Urkunde vom 28. Februar 2000 – Fristverlängerung bis 31. Dezember 2000
b) Urkunde vom 20. Dezember 2000 – Fristverlängerung bis 30. September 2001
c) Urkunde vom 27. September 2002 – Fristverlängerung bis 15. September 2003

In der Urkunde vom 28. Februar 2000 wurde darüber hinaus die Fälligkeit des Kaufpreises von der Erteilung auch der Baugenehmigung abhängig gemacht.

Bei Beurkundung dieser Fristverlängerungen war die Verkäuferin jeweils vollmachtlos vertreten. Eine Genehmigung liegt nur bezüglich der zweiten und dritten Urkunde vor. Ob die Klägerin vom Vertrag zurückgetreten oder der Vertrag aufgehoben worden ist, ist nicht festgestellt. Der Vortrag der Klägerin ist insoweit schwankend. Allerdings steht fest, dass die Vertragsparteien das Vertragsverhältnis noch vor Ablauf der letzten Frist für beendet gehalten haben.

Mit Verfügung vom 30. März 2004 lehnte das FA die Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung ab, da der Antrag nicht innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt worden sei. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Außerdem beantragte sie, die Grunderwerbsteuer gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) „anderweitig auf 0 DM herabzusetzen“, hilfsweise gemäß § 227 AO „aus sachlichen Gründen zu erlassen“. Beides lehnte das FA ab, und zwar durch Verfügungen vom 22. bzw. 30. Juni 2004. Auch gegen diese Ablehnungsverfügungen legte die Klägerin Einspruch ein. Das FA wies die drei Einsprüche mit einer gemeinsamen Entscheidung vom 13. Juni 2005 zurück.



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