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BFH Urteil – Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG im Rahmen des § 5 Abs. 3 GrEStG



§ 5 Abs. 3 GrEStG setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus und ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass –trotz der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders– die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn aufgrund einer Anteilsschenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet.

GrEStG § 3 Nr. 2, Nr. 6, § 5
Urteil vom 7. Oktober 2009 II R 58/08
Vorinstanz: FG des Saarlandes vom 12. August 2008 2 K 2417/04 (EFG 2008, 1740)


Gründe

I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde durch Vertrag vom … Dezember 2001 gegründet. Unternehmensgegenstand ist die Verwaltung und Nutzung von Grundstücken sowie von Anlagen und Einrichtungen. Gründungsgesellschafter waren als Komplementärin die A-GmbH und B als Kommanditist. Die A-GmbH leistete keine Einlage, B eine solche in Höhe von 50.000 €.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom … Dezember 2002 brachte B alle aktiven und passiven Vermögensgegenstände seines Einzelunternehmens einschließlich des Grundstücks in X in die Klägerin ein. Am … Dezember 2002 schenkte er dann seinen Söhnen C und D sowie Frau E jeweils einen Anteil am Kommanditkapital der Klägerin in Höhe von 8.000 € (16 v.H. des Kommanditkapitals).

Mit Bescheid vom 31. Juli 2003 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) den Grundstückswert für das zuvor genannte Grundstück zum 6. Dezember 2002 auf … € fest und rechnete diesen Wert in vollem Umfang der Klägerin zu. Durch Bescheid vom 17. September 2004 setzte das FA für die Grundstückseinbringung in die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von … € für den auf E entfallenden Anteil des Grundstückswertes fest; in Höhe der verbleibenden Quote von 84 v.H. wurde die Steuer nicht erhoben.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegte Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1740 veröffentlichten Urteil der Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der streitbefangene Einbringungsvorgang zwar grunderwerbsteuerbar sei, die Steuer aber gemäß Â§ 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) insgesamt nicht erhoben werde. Dem stehe § 5 Abs. 3 GrEStG nicht entgegen. Diese Vorschrift diene der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die Mindestbehaltensfrist verhindert werden solle, dass Grundbesitz steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerbefreit weitergegeben werde. Eine danach zu fordernde objektive Möglichkeit der Steuerumgehung liege im Streitfall aber nicht vor.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, welches die fehlerhafte Rechtsanwendung des § 5 Abs. 2 und 3 GrEStG rügt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.
Die Revision des FA ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Grundstückserwerb der Klägerin insgesamt nach § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfrei zu belassen und dessen Anwendung nicht nach § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen ist.

1. Nach § 5 Abs. 2 GrEStG wird die Grunderwerbsteuer in dem Fall, dass ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergeht, in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt war. Da B als vormaliger Eigentümer des Grundstücks nach der aufgrund des notariell beurkundeten Vertrages vom … Dezember 2002 vorgenommenen Einbringung desselben allein am Vermögen der Klägerin beteiligt war, waren die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG gegeben.

2. Die Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG scheidet, soweit sich der Anteil des B am Vermögen der Klägerin durch die am … Dezember 2002 vorgenommene Schenkung von jeweils 16 v.H. am Kommanditkapital an E vermindert hat, entgegen der Auffassung des FA auch nicht nach § 5 Abs. 3 GrEStG aus. Zwar hat sich –dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 GrEStG gemäß– der Anteil des B am Vermögen der Klägerin insoweit vermindert; indessen ist mit Blick auf die in § 3 Nr. 2 GrEStG geregelten Fälle eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 3 GrEStG geboten.

a) § 5 Abs. 3 GrEStG dient der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die dort geregelte Mindestbehaltefrist verhindert werden soll, dass Grundbesitz steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerfrei weitergegeben wird (BRDrucks 910/98, S. 203; BTDrucks 14/265, S. 204). Die Vorschrift zielt somit darauf ab, nur für solche Einbringungsvorgänge die Steuervergünstigung nach § 5 GrEStG bestehen zu lassen, bei denen der grundstückseinbringende Gesamthänder auch nach der Einbringung über einen Zeitraum von fünf Jahren seine gesamthänderische Mitberechtigung aufrecht erhält und darüber an dem eingebrachten Grundstück vermögensmäßig beteiligt bleibt. Die Gesetzesformulierung „Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand“ ist gemessen an der Zielrichtung des § 5 GrEStG und dem Charakter des Abs. 3 als Missbrauchsverhinderungsvorschrift aber nicht präzise und deshalb auslegungsbedürftig (vgl. Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 5 Rz 74). Im Sinne der Missbrauchsverhinderung setzt § 5 Abs. 3 GrEStG die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus. Die Vorschrift ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass –trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders– die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet (Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 88; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 5 Rz 25a; Behrens/Schmitt, Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht –UVR– 2004, 270, 272). In den in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwerbs von Todes wegen bzw. der Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes fehlt es aber regelmäßig an einer derartigen objektiven Steuerumgehungsmöglichkeit, weil der entsprechende Erwerbsvorgang bei einer unmittelbaren Grundstücksübertragung auf die Erwerber von der Grunderwerbsteuer befreit wäre. Entsprechend liegen die genannten Fälle nicht in der Zielrichtung des § 5 Abs. 3 GrEStG und sind im Wege einer teleologischen Reduktion der Norm aus ihrem Anwendungsbereich auszuscheiden (vgl. Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 81; G. Hofmann, Betriebs-Berater –BB– 2000, 2605, 2607; Urteil des FG Nürnberg vom 1. April 2008 IV 278/2005, EFG 2009, 611; Fumi, EFG 2009, 613, 614; Behrens/Schmitt, BB 2009, 818, 819).

b) Auf die Frage, ob sich die in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Erwerbe im Wege einer interpolierenden Betrachtungsweise als „personenbezogene Beziehung von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung“ der Klägerin zurechnen lassen (so Franz in Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 5 Rz 65; Hofmann, a.a.O., § 3 Rz 3; Behrens, BB 2007, 368; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2003 5 K 243/03, EFG 2004, 366), kommt es danach ebenso wenig an wie darauf, ob das genannte Auslegungsergebnis den Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Oktober 2006 II R 79/05 (BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409) zur Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG im Zusammenspiel mit § 1 Abs. 2a GrEStG entspricht. Soweit sich das FA insoweit auf den Erlass des Finanzministeriums des Saarlandes vom 18. Mai 2005 (B/3-2-96/2005-S 4500) berufen hat, ist dieser im Ãœbrigen inzwischen durch weiteren Erlass vom 17. Oktober 2007 (B/5-211/2007-S 4500) aufgehoben worden.

Quelle: Bundesfinanzhof



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