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BFH III R 40/07 – Kundenstamm und Know-how als Geschäftswert


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Kundenstamm und Know-how als Geschäftswert, als selbständig übertragbares immaterielles Wirtschaftsgut oder als persönliche Eigenschaft des Unternehmers?

1. Der Geschäftswert ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit diese nicht auf einzelnen Wirtschaftsgütern oder der Person des Unternehmers beruhen, sondern auf dem Betrieb eines lebenden Unternehmens. Eine Bindung von Kunden an die Person des Unternehmers statt an das Unternehmen kommt auch bei Handelsunternehmen in Betracht, wenn überwiegend der Unternehmer nach außen in Erscheinung tritt und die Mitarbeiter, die Betriebsorganisation oder die Lage des Betriebes für den Erfolg unbedeutend sind.


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2. Werden „Kundenstamm und Know-how im Hinblick auf die Lieferanten“ vom Einzelunternehmen an eine neu gegründete, die Geschäfte fortführende GmbH verpachtet, so kann dies steuerlich anzuerkennen sein, wenn es sich beim Kundenstamm und Know-how nicht um den Geschäftswert handelt, sondern um ein oder mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens, die selbständig übertragen werden können.

EStG § 4 Abs. 1 Satz 5, § 16 Abs. 1 Nr. 1

Urteil vom 26. November 2009 III R 40/07

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 10. Mai 2006 12 K 135/02

Gründe

I.
1
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der 1950 geborene Kläger (Ehemann) betrieb einen Großhandel mit Landprodukten, mit dem er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinne erzielte, die von ca. 400.000 DM im Jahr 1994 auf fast 600.000 DM im Jahr 1996 anstiegen.

2
Zum 1. April 1997 veräußerte der Kläger das vornehmlich aus der Büroeinrichtung, einem LKW, einem Anhänger sowie einem PKW bestehende Anlagevermögen und den bei Dritten lagernden Warenbestand an eine von ihm am 11. März 1997 gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. Die GmbH setzte die Geschäfte des Einzelunternehmens fort. Der Kläger meldete das Gewerbe des Einzelunternehmens ab, erklärte aber keine Betriebsaufgabe. Wirtschaftliche Umsätze erzielte das Einzelunternehmen nach dem 1. April 1997 nicht mehr.

3
Der Veräußerungspreis entsprach den Buchwerten des Einzelunternehmens. Ausgenommen davon war der mit dem Erinnerungswert bilanzierte PKW, für den die GmbH den Zeitwert von 40.000 DM zahlte. Die „Nutzung des Kundenstamms und das Know-how im Hinblick auf die Lieferanten“ des Einzelunternehmens wurden der GmbH nach einem auf den 30. März 1997 datierten „Nutzungsüberlassungsvertrag“ vom 1. April 1997 bis zum 30. September 2012 für halbjährlich 35.470,80 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer überlassen, die erstmalig zum 1. Oktober 2000 zu zahlen waren. Danach sollte sich der Vertrag um jeweils fünf Jahre verlängern, wenn er nicht gekündigt würde. Die GmbH hatte den „Vertragsgegenstand“ nach Vertragsablauf zurückzugeben. Eine weitere Nutzung war ihr untersagt; für jeden Fall der Zuwiderhandlung schuldete sie eine Konventionalstrafe von 100.000 DM.

4
Nach einer Betriebsprüfung für 1995 bis 1997 vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, das Einzelunternehmen sei zum 1. April 1997 aufgegeben worden. In den Aufgabegewinn sei ein –nach der so genannten indirekten Methode (dazu Fischer, in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 6 Rz 128) ermittelter– Firmenwert in Höhe von 400.000 DM einzubeziehen, der sich aus dem Wissen um die Geschäftschancen, dem Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und den Erfahrungen des Klägers zusammensetze. Der Einkommensteuerbescheid für 1997 wurde dementsprechend geändert.

5
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Betrieb des Einzelunternehmens sei nicht bloß unterbrochen worden, da eine Weiterführung nach Ablauf der fünfzehnjährigen Pachtzeit nicht realistisch erscheine. In Betracht komme lediglich eine Fortführung des Einzelunternehmens wegen der Verpachtung des Firmenwertes. Der originäre Firmenwert, welcher unstreitig die einzige wesentliche Betriebsgrundlage bilde, habe nicht von den auf die GmbH übertragenen Wirtschaftsgütern getrennt werden können, da das Einzelunternehmen als GmbH mit dem Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer fortgeführt worden sei. Da der Kläger über den Firmenwert nicht isoliert habe verfügen können, komme dem Nutzungsüberlassungsvertrag steuerlich keine Bedeutung zu. Der Firmenwert sei deshalb verdeckt in die GmbH eingelegt worden und somit als Entnahme in den Veräußerungsgewinn des Einzelunternehmens einzubeziehen. Gegen die Höhe des vom FA errechneten Gewinns bestünden keine Bedenken.

6
Mit ihrer auf die Verletzung des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestützten Revision tragen die Kläger vor, da das Know-how und der Kundenstamm nach zutreffender Feststellung des FG einzige wesentliche Betriebsgrundlage des einzelunternehmerischen Großhandels gewesen seien, habe deren Verpachtung an die GmbH entweder zu einer Betriebsaufspaltung oder einer Betriebsverpachtung geführt. Die Veräußerung der Einrichtung und der Warenbestände stehe der Annahme einer Betriebsverpachtung nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. August 1979 VIII R 153/77 (BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181) und vom 29. Oktober 1992 III R 5/92 (BFH/NV 1993, 233) nicht entgegen.

7
Das Know-how und die Kundendaten bzw. der Kundenstamm hätten ihm, dem Kläger, auch zur Verfügung gestanden. In Betriebsaufspaltungsfällen nehme der BFH an, dass die Zuordnung des Geschäftswertes nicht schematisch erfolgen dürfe, sondern sich nach den Umständen des Einzelfalles richte. Der Geschäftswert gehe auf die Betriebsgesellschaft über, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter sie in die Lage versetzten, den Betrieb fortzuführen. Im Streitfall habe die neu gegründete GmbH den Betrieb aber durch den Erwerb des Anlagevermögens und des Warenbestandes nicht in bisherigem Umfange fortführen können. Dazu habe es der Nutzungsvereinbarung bezüglich des Kundenstamms und des Know-hows bedurft. Da diese zurückbehalten und verpachtet worden seien, scheide ihr Ãœbergang auf die GmbH aus. Sie seien mithin Betriebsvermögen des Einzelunternehmens geblieben, welches demnach nicht aufgegeben worden sei.


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