Onlinerechner:   Vergleiche: Steuersparprogramme:


Widerstreitende Steuerfestsetzung bei Gewinnfeststellungsbescheiden (BFH IV R 99/06)


Seiten: 1 2 3 4 5


1. Die auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheides knüpft hinsichtlich der Erkennbarkeit der fehlerhaften Nichtberücksichtigung eines Sachverhalts an die Person des Feststellungsbeteiligten an.

2. Der erstmalige Erlass eines Gewerbesteuermessbescheides kann nach Ablauf der Festsetzungsfrist nicht auf § 35b Abs. 1 GewStG gestützt werden.

AO § 174 Abs. 3
GewStG § 35b Abs. 1
Urteil vom 5. November 2009 IV R 99/06
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 26. Oktober 2006 11 K 3205/05 G,F

Gründe

A.
1
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Grundstücksverwaltungs-GbR, zwischenzeitlich formwechselnd umgewandelt in eine KG, ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in B (im Weiteren: Grundstück). Gesellschafter der Klägerin sind die Beigeladenen zu 1 bis 3. Das Grundstück hat die Klägerin an die S GmbH & Co. KG (KG) vermietet, die dort ihre Produktionsstätte unterhält. An dem Kapital der KG in Höhe von 1.020.000 DM waren in den Streitjahren (1995 und 1996) und in 1997 die Gesellschafter der Klägerin als Kommanditisten in Höhe von zusammen 1.000.000 DM und die J-GmbH als Komplementärin in Höhe von 20.000 DM beteiligt.

2
Der Vertrieb der von der KG erzeugten Produkte erfolgte in den Streitjahren ausschließlich durch die V-GmbH, an der ebenfalls nur die Gesellschafter der Klägerin beteiligt waren. In geringem Umfang vertrieb die V-GmbH auch Fremdprodukte. Auch die Betriebsstätte der V-GmbH befindet sich auf dem Grundstück, welches die Klägerin dieser zur Verfügung stellte.

3
Die Gewinnausschüttungen der V-GmbH für die Jahre 1993 und 1994 wurden den Beigeladenen auf einem mit 8 v.H. verzinslichen Darlehenskonto gutgeschrieben. Die Zinsen erklärten die Beigeladenen zunächst als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen.

4
Das Grundstück wurde in den Streitjahren und in 1997 als notwendiges (Sonder-)Betriebsvermögen bei der KG bilanziert und der Gewinn aus der Grundstücksvermietung als Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der Gewinnfeststellung der KG erfasst.

5
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der KG vertrat der Prüfer die Auffassung, dass auch die Anteile der Beigeladenen an der V-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der KG zu bilanzieren seien. Demzufolge seien die Darlehenszinsen als Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen im Rahmen der Feststellung der gewerblichen Einkünfte der KG zu erfassen.

6
Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) schloss sich dieser Rechtsauffassung an und erfasste in geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden für die Streitjahre und für 1997 auch die Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen bei der KG.

7
Dagegen hatte die KG Klage erhoben, in der sie nunmehr die Auffassung vertrat, dass sowohl die Darlehenszinsen als auch die Gewinne aus der Grundstücksvermietung zu Unrecht bei der KG erfasst worden seien.

8
Mit Urteil vom 2. April 2004 11 K 3126/01 F (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2004, 981) gab das Finanzgericht (FG) Düsseldorf der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin mit der Grundstücksüberlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung eigene gewerbliche Einkünfte erziele. Auch die Darlehensforderungen seien, soweit die Darlehen aus betrieblichen Gründen hingegeben worden seien, dem Sonderbetriebsvermögen II der Beigeladenen bei der Klägerin zuzuordnen gewesen. Die Zinsen wären daher allenfalls im Rahmen der Gewinnfeststellung der Klägerin zu erfassen.

9
Das Urteil des FG ist nach Rücknahme der vom FA eingelegten Revision (Az. beim Bundesfinanzhof –BFH– VIII R 33/04) seit dem 12. August 2004 rechtskräftig.

10
Bereits am 3. August 2004 hatte das FA erstmalige Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre und für 1997 gegenüber der Klägerin erlassen. Die Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sowie bei den Gewinnfeststellungsbescheiden unter Hinweis auf die §§ 174 Abs. 3, 181 Abs. 1 i.V.m. 171 Abs. 3a der Abgabenordnung (AO). In den Bescheiden erfasste das FA die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als gewerbliche Einkünfte der Klägerin und daneben auch die Darlehenszinsen als Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen.

11
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung der Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre und für 1997 begehrte, hatte teilweise Erfolg. Das FG folgte dem FA darin, dass sowohl die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als auch die Darlehenszinsen bei den gewerblichen (Sonder-)Einkünften der Klägerin zu erfassen und der Gewerbesteuermessbescheid 1997 sowie der Gewinnfeststellungsbescheid 1997 rechtmäßig seien. Dem Erlass der Gewerbesteuermessbescheide 1995 und 1996 habe jedoch der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegengestanden. Die auf § 174 Abs. 3 AO gestützten Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 seien nur insoweit rechtmäßig, als die Gewinne aus der Grundstücksvermietung als gewerbliche Einkünfte bei der Klägerin erfasst worden seien. Für die Erfassung der Darlehenszinsen fehle es an einer Rechtsgrundlage, die die Durchbrechung der Feststellungsverjährung rechtfertigen könne. Weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO noch des § 174 Abs. 4 AO lägen vor. Die vollständigen Entscheidungsgründe sind in EFG 2007, 318 abgedruckt.

12
Gegen die Entscheidung des FG haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.

13
Das Revisionsbegehren der Klägerin ist auf die Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide 1995 und 1996 beschränkt. Im Zeitpunkt des Erlasses dieser Gewinnfeststellungsbescheide sei die Feststellungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Voraussetzungen der die reguläre Feststellungsfrist überlagernden Regelung des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO lägen nicht vor. Für die Klägerin sei nicht erkennbar gewesen, dass das FA die Gewinne aus der Grundstücksvermietung bei der Klägerin in der Annahme nicht berücksichtigt habe, diese seien bei der KG zu erfassen gewesen. Für die Beurteilung der Erkennbarkeit sei ausschließlich auf die Klägerin als eigenständiges teilrechtsfähiges Rechtssubjekt abzustellen. Eine etwaige Erkennbarkeit für die Gesellschafter der Klägerin könne ihr –der Klägerin– nicht zugerechnet werden.



Kommentieren ist momentan nicht möglich.

Links: