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Anwendung der Öffnungsklausel bei der ab 2005 geltenden Altersrentenbesteuerung (BFH X R 58/08)


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Anwendung der Öffnungsklausel bei der ab 2005 geltenden Altersrentenbesteuerung

1. Der gesetzlich geforderte Zehnjahreszeitraum der sog. Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

2. Der jeweilige Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung ist auch dann maßgeblich, wenn nur für einen Teil des Jahres Beiträge gezahlt worden sind.


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3. Zahlungen in eine (befreiende) Lebensversicherung sind bei der Berechnung der geleisteten jährlichen Beiträge nicht zu berücksichtigen, wenn die Lebensversicherung steuerfrei ausgezahlt wurde bzw. werden kann.

EStG 2005 § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa und bb, § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1

Urteil vom 4. Februar 2010 X R 58/08

Vorinstanz: FG Münster vom 14. Oktober 2008 14 K 3990/06 E (EFG 2009, 110)

Gründe

A.
1
Der 1926 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) und die 1934 geborene Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurden im Streitjahr 2005 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger leistete für den Zeitraum vom 1. April 1940 bis zum 31. Dezember 1986 Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung. Zum 1. Januar 1968 schloss der Kläger mit der N-AG eine (befreiende) Lebensversicherung ab. Er erhöhte nachträglich zweimal den Versicherungsschutz. Die in den Nachträgen vereinbarten Vertragsdauern liefen vom 1. Januar 1972 bis zum 1. Januar 1991 bzw. vom 1. Juli 1971 bis zum 1. Juli 1991. Der Arbeitgeber des Klägers leistete Zuschusszahlungen zu dieser Lebensversicherung, die er ab dem 1. Januar 1979 auf Antrag des Klägers einstellte. Die N-AG zahlte dem Kläger bei Fälligkeit der Lebensversicherung im Jahr 1991 eine einmalige steuerfreie Versicherungsleistung.

2
Neben den Leistungen an die befreiende Lebensversicherung entrichtete der Kläger –wie bisher– Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung. Insgesamt wurden für den Kläger Beiträge in Höhe von 337,71 Reichsmark (1940 bis 1947) und 97.296 DM (1948 bis 1986) geleistet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 22. Mai 2006 verwiesen.

3
Für die Klägerin wurden im Zeitraum von 1988 bis 1992 Beiträge in Höhe von insgesamt 20.692,90 DM an die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet. In dieser Summe sind zwei freiwillige nachträgliche Zahlungen der Klägerin enthalten, die sie in den Jahren 1990 und 1992 für den Zeitraum vom 1. Juni 1949 bis zum 30. September 1959 in Höhe von 7.700 DM (1990) bzw. 9.189 DM (1992) geleistet hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15. Mai 2006 Bezug genommen.

4
Der Kläger bezog ab dem 1. Februar 1989 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die Klägerin ab dem 1. Oktober 1999. Die Kläger vereinnahmten in den Jahren 1999 bis 2005 Rentenzahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 243.738 DM (Kläger) bzw. 79.203 DM (Klägerin). In den Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre wurden hiervon Beträge in Höhe von insgesamt 77.833 DM (Kläger) bzw. 24.585 DM (Klägerin) als steuerpflichtige sonstige Einkünfte der Kläger zugrunde gelegt. Die Differenzen blieben steuerfrei.

5
In der Einkommensteuererklärung für 2005 erklärten die Kläger die Rentenzahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung –18.287 € (Kläger) und 7.120 € (Klägerin)– als Einnahmen bei den sonstigen Einkünften. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) legte in dem Einkommensteuerbescheid vom 8. Mai 2006 die Hälfte der erklärten Rentenzahlungen als steuerpflichtige Einnahmen bei den sonstigen Einkünften der Besteuerung zugrunde.

6
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage begründeten die Kläger damit, ihre Altersrenten seien nicht zur Hälfte, sondern nur in Höhe der niedrigeren Ertragsanteile steuerpflichtig. Die Altersrente des Klägers beruhe auf Beitragszahlungen, an denen sich sein Arbeitgeber nicht beteiligt habe. Der Kläger habe die gesamten Beiträge aus eigenem, bereits versteuertem Einkommen geleistet. Für seine Altersversorgung habe er viele Jahre Beiträge entrichtet, die oberhalb der Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gelegen hätten. Er habe sowohl Beiträge für eine befreiende Lebensversicherung bei der N-AG als auch Beiträge zur Aufstockung der Altersvorsorge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte erbracht. An den für ihn seit der Währungsreform im Jahr 1948 entrichteten Beiträgen an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von insgesamt 97.296 DM habe sich einer seiner Arbeitgeber lediglich mit einem Betrag in Höhe von 435,50 DM beteiligt. Dies entspreche einem Anteil von 0,5 % statt des ansonsten üblichen Arbeitgeberanteils von 50 %. Die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 22. Mai 2006 berücksichtige nicht, dass die Summe der Beiträge an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Beiträge für die befreiende Lebensversicherung zumindest in den Jahren 1967 bis 1980 die jährlichen Höchstbeiträge der gesetzlichen Rentenversicherung überstiegen hätte. Dieser Zeitraum von 14 Jahren überschreite den Mindestzeitraum von zehn Jahren, der nach dem Gesetz für eine Besteuerung der Alterseinkünfte mit den geringeren Ertragsanteilen erforderlich sei.

7
Soweit die im Streitjahr vereinnahmte Altersrente der Klägerin auf den in den Jahren 1990 und 1992 nachgezahlten Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung beruhe, sei sie mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Die freiwilligen Nachzahlungen habe die Klägerin in vollem Umfang aus eigenem versteuerten Einkommen erbracht.

8
Das Finanzgericht (FG) hat mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 110 veröffentlichten Urteil die Klage abgewiesen. Das FA habe den der Besteuerung zugrunde zu legenden Anteil der Renteneinnahmen der Kläger nach Maßgabe des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes (EStG) zutreffend in Höhe von 9.144 € für den Kläger und in Höhe von 3.560 € für die Klägerin ermittelt. Die von den Klägern begehrte niedrigere Besteuerung der Renteneinkünfte lasse sich aus dem Gesetz nicht herleiten. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht vor.


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