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Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen (BFH I R 103/08)


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(4) Für die Beteiligten, die einem Arbeitgeberverband angehören, ist ein Betrag nach Maßgabe des Absatzes 3 festzulegen, indem die auf sie entfallenden Rentensummen und die Entgeltsummen ihrer Pflichtversicherten zusammengerechnet werden. (…) Folgende Aufgliederung der Beteiligten ist damit im Rahmen der Festlegung des Sanierungsgeld-Betrags zugrunde zu legen:

a) Bund (…),
b) Mitgliedsländer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (…),
c) Mitglieder kommunaler Arbeitgeberverbände (…),
d) sonstige Arbeitgeber (…).


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(6) Die Beteiligten entrichten in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 6 monatliche Abschlagszahlungen für die auf sie entfallenden Sanierungsgelder in Form eines vorläufigen Vomhundertsatzes der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte aller Pflichtversicherten des Beteiligten. (…)“

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Für das Jahr 2001 wurden gemäß § 65 Abs. 1 der VBL-Satzung noch keine Sanierungsgelder erhoben. In ihren Steuerbilanzen zum 31. Dezember des Streitjahrs bildeten die Klägerin und die O-GmbH im Hinblick auf das Sanierungsgeld Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (Klägerin: 354.000 DM; O-GmbH: 20.904.000 DM). Diese Beträge ermittelten die Klägerin und die O-GmbH, indem sie das Sanierungsgeld, das sich für 2001 ergeben hätte, wenn die ab 2002 geltende Regelung bereits zuvor anwendbar gewesen wäre, kapitalisierten und dabei eine unbegrenzte Laufzeit annahmen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die Rückstellungen in Änderungsbescheiden zum Körperschaftsteuerbescheid der Klägerin für das Streitjahr nicht.

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Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat sie mit Urteil vom 26. August 2008 9 K 1660/05 K, das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1942 abgedruckt ist, als unbegründet abgewiesen. Seiner Auffassung nach fehlt es an dem für die Rückstellungsbildung erforderlichen wirtschaftlichen Bezug der Verpflichtungen zum Zeitraum vor dem Bilanzstichtag.


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Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.

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Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 hat das FA während des Revisionsverfahrens den Körperschaftsteuerbescheid 2001 erneut geändert. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass der Streitstoff von der Änderung nicht betroffen ist.

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Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und den Körperschaftsteuerbescheid 2001 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. Juni 2009 insoweit abzuändern, als darin eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten für die an die VBL zu entrichtenden Sanierungsgelder der Klägerin sowie der O-GmbH, in Höhe von insgesamt 21.258.000 DM unter gegenläufiger Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung zu berücksichtigen ist.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.
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Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.

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1. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. An die Stelle des vor dem FG angefochtenen Änderungsbescheids vom 3. November 2004 ist während des Revisionsverfahrens der geänderte Bescheid des FA vom 25. Juni 2009 getreten. Da dem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20; vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10).

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Der Änderungsbescheid vom 25. Juni 2009 wurde gemäß Â§ 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens. Einer Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gemäß Â§ 127 FGO bedarf es nicht, weil die Sache spruchreif ist. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen werden von dem Änderungsbescheid nicht berührt und bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats. Diese kann in der Sache selbst ergehen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

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2. Die Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen. FA und FG haben die von der Klägerin und der O-GmbH gebildeten Rückstellungen für die an die VBL künftig zu leistenden Sanierungsgelder zu Recht nicht ergebnismindernd berücksichtigt.

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a) Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die Klägerin in ihren Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB).

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b) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder –erstens– das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder –zweitens– die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer –ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen– Verbindlichkeit (vgl. Senatsurteil vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30. Januar 2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516).


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