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Voraussetzungen der Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids (BFH IV R 33/07)


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„Stille Reserven, die auf eine GbR übergegangen sind, die bisher irrigerweise als gewerblich angesehen worden ist, sind auch in den Fällen noch zu besteuern, in denen die entsprechenden Bescheide bereits bestandskräftig sind. Eine Änderung dieser Bescheide ist auf § 174 Abs. 3 AO zu stützen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (negativer Widerstreit).


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Vor dem Ergehen des BGH-Urteils vom 27. September 1999 … haben die Finanzämter aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung (H 138 Abs. 6 EStH 1999) auf die Besteuerung von Entnahme- und Veräußerungsgewinnen sowie auf die gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen nach §§ 6b, 6c EStG erkennbar in der Annahme verzichtet, die stillen Reserven seien in späteren Veranlagungszeiträumen steuerwirksam zu erfassen. Diese Annahme hat sich nachträglich als unzutreffend erwiesen. Wird die Vertrauensschutzregelung … nicht in Anspruch genommen, sind bestandskräftige Bescheide insoweit nach § 174 Abs. 3 AO zu ändern. Die Festsetzungsfrist ist aufgrund der Sonderregelung in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO noch nicht abgelaufen.“

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Weiter vertrat das BMF u.a. die Ansicht, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) einer Bescheidänderung nicht entgegen stehe. Aufgrund der Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO würden jedoch aus Vertrauensschutzgründen die im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1198 eingeräumten Fristen, das Vermögen der Personengesellschaft auf Antrag der Gesellschaft weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln sowie die betreffende GbR nach den Regelungen des Handelsrechtsreformgesetzes in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln, bis zum 31. Dezember 2001 verlängert.

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Dem folgend stellte das FA nach Anhörung mit nach § 174 AO geändertem Feststellungsbescheid 1995 vom 20. Dezember 2002 Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.638.398,69 DM fest, wobei G zusätzlich Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 923.804,69 DM zugerechnet wurden. In den Erläuterungen zum Bescheid führte das FA aus:

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„Die Berichtigung war erforderlich, da das bisher im Sonderbetriebsvermögen der Frau G stehende Grundvermögen nach den Erlassen des BMF vom 18. Juli 2000 und vom 28. August 2001 nicht in eine GbR mit beschränkter Haftung eingebracht werden kann, um die Eigenschaft als Betriebsvermögen zu erhalten. Der Teilwert wurde mangels eingereichter Gutachten mit 1 000 000,00 DM geschätzt. Dieser Teilwert wurde (gemindert) um die Buchwerte zum 31. Dezember 1995 als laufender Gewinn der Besteuerung unterworfen.“

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Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1478 veröffentlichten Gründen statt.

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Es führte im Wesentlichen aus, das FA habe aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung angenommen, dass die streitbefangenen Grundstücke noch steuerverstrickt und deshalb bei deren Entnahme aus der KG und Einlage in die A die stillen Reserven nicht aufzulösen seien. Die jeder Verstrickung immanente Annahme, dass stille Reserven früher oder später realisiert werden, reiche für die nach § 174 Abs. 3 AO erforderliche Annahme einer Berücksichtigung in einem anderen Steuerbescheid nicht aus. Der andere Steuerbescheid sei in diesem Fall nicht hinreichend bestimmbar, weil die Entstrickung und ihr Anlass völlig offen seien.

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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

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Es beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das FA den –bestandskräftigen– Feststellungsbescheid 1995 vom 27. April 1999 nicht mehr durch den angefochtenen Änderungsbescheid vom 20. Dezember 2002 zuungunsten der Klägerin ändern durfte.

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1. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 Abs. 3 AO liegen nicht vor.

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a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die für Feststellungsbescheide gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß geltende Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073; Senatsurteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76), und erfordert deshalb einen „negativen Widerstreit“. Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Mai 2001 VIII R 19/00, BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und VIII R 20/00, BFH/NV 2001, 1372, jeweils m.w.N.).


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