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Versicherungsteuer als Verkehrsteuer BFH II R 44/07


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Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich dem Vorbringen des FA angeschlossen.


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II.
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Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zutreffend erkannt, dass lediglich die von A zu zahlenden Stückprämien von 285 € je Fahrzeug der Versicherungsteuer unterliegen und die von A entsprechend der mit der Klägerin geschlossenen Rahmenvereinbarung übernommenen Schadenszahlungen und Regulierungskosten nicht der Versicherungsteuer unterworfen sind.

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1. Der Versicherungsteuer unterliegt nach näherer Maßgabe des § 1 VersStG die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Unter dem Versicherungsverhältnis sind das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 30. August 1961 II 234/58 U, BFHE 73, 628, BStBl III 1961, 494; vom 29. April 1964 II 187/60 U, BFHE 79, 510, BStBl III 1964, 417; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68; vgl. auch bereits Urteil des Reichsfinanzhofs vom 18. Januar 1929 II A 609/28, RStBl 1929, 145). Wesentliches Merkmal für ein „Versicherungsverhältnis“ i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses (BFH-Urteile vom 15. Juli 1964 II 147/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 85; vom 29. November 2006 II R 78/04, BFH/NV 2007, 513).

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Versicherungsentgelt ist gemäß Â§ 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Zahlung des Versicherungsentgelts ist jede Leistung, die die Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlöschen lässt (BFH-Urteil vom 20. April 1977 II R 47/76, BFHE 122, 559, BStBl II 1977, 748). Davon ausgenommen ist, was zur Abgeltung einer Sonderleistung des Versicherers oder aus einem sonstigen in der Person des einzelnen Versicherungsnehmers liegenden Grund gezahlt wird (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VersStG).

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Gegenstand der Besteuerung ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches (Begründung zum VersStG 1937, RStBl 1937, 839), sondern vielmehr die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (BFH-Urteile in BFHE 73, 628, BStBl III 1961, 494, und in BFH/NV 1993, 68, m.w.N.).

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2. Soweit A gemäß der Rahmenvereinbarung Schäden bis zu einer Höhe von 100.000 € selbst getragen hat, erfüllen die von ihr insoweit aufgewendeten Beträge nicht die Merkmale eines Versicherungsentgelts i.S. des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG.

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a) Nach der mit der Klägerin getroffenen Vertragsabrede hatte A diese Aufwendungen allein zu tragen. Das entsprechende Zahlungsrisiko war –von dem noch nachfolgend zu behandelnden Fall der Zahlungsunfähigkeit der A abgesehen– nicht, wie für eine Versicherung im Sinne des VersStG erforderlich, auf einen größeren Kreis von Teilnehmern verteilt. Demgemäß fehlt es bei den von A unmittelbar an die Geschädigten erbrachten Schadensleistungen an der von § 1 VersStG vorausgesetzten Tilgung einer Schuld zwischen dem Versicherungsnehmer als Schuldner und dem Versicherer als Gläubiger (vgl. BFH-Urteil in BFHE 79, 510, BStBl III 1964, 417).

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Ein Versicherungsentgelt liegt auch nicht vor, soweit zunächst die Klägerin Schadenszahlungen aufgrund ihrer im Verhältnis zu den Geschädigten gemäß Â§Â§ 1 und 3 PflVG i.V.m. §§ 2 und 4 KfzPflVV unbeschränkten Haftung an Geschädigte zu leisten hatte und sodann von A erstattet bekam (Ziff. II. 4. der Anlage 4 der Rahmenvereinbarung). Denn insoweit fehlte es wegen der alleinigen Risikotragung der A an einem von der Klägerin gewährten Versicherungsschutz.

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Schließlich sind die von A vertragsgemäß zu leistenden Schadenszahlungen erst recht kein Versicherungsentgelt, soweit –abweichend von dem im Streitfall gegebenen Sachverhalt– A zahlungsunfähig geworden wäre und die Klägerin die entsprechenden Schadensbeträge endgültig hätte tragen müssen. In einem solchen Fall fehlte es mangels Zahlungsfähigkeit der A von vornherein an einem die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG erfüllenden Zahlungsvorgang. Gegenleistung für das mit der Zahlungsunfähigkeit der A verbundene und insoweit von der Klägerin übernommene Risiko ist allein die von A zu zahlende Stückprämie.


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