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Umsatzsteuervergütung aus Tätigkeit des Insolvenzschuldners nicht gegen vorinsolvenzliche Steuerschulden aufrechenbar (BFH VII R 18/09)


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c) Der im Streitfall strittige, vom Schuldner während des Insolvenzverfahrens im Zusammenhang mit einer freiberuflichen Tätigkeit erlangte Umsatzsteuervergütungsanspruch fällt folglich in die Insolvenzmasse (vgl. schon BGH-Beschluss vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, Neue Juristische Wochenschrift 2003, 2167).

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Aus dem BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848, wonach vom Schuldner während des Insolvenzverfahrens durch Erwerbstätigkeit mit Hilfe unpfändbarer Gegenstände begründete Umsatzsteuerschulden nicht nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu den Masseschulden gehören sollen, lässt sich gegen diese gesetzlich klar vorgegebene Beurteilung nichts gewinnen, ebenso wenig daraus, dass die Zuordnung solcher Umsatzsteuerschulden zum insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zu der allerdings unbefriedigenden Rechtslage führt, dass neue Aktiva dem Insolvenzbeschlag unterfallen, mit ihnen unmittelbar zusammenhängende –unbeschadet der umsatzsteuerlichen Anknüpfung nicht an das gezahlte (zweifellos in die Insolvenzmasse fallende) Entgelt, sondern an die erbrachte Leistung gleichsam objektbezogene (vgl. dazu Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848)– Steuern wie die Umsatzsteuer jedoch außerhalb des Insolvenzverfahrens befriedigt werden müssen.

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Unbillige Folgen der gesetzlichen Zuordnung des ohne Zutun des Insolvenzverwalters Erworbenen und der damit unter Umständen fehlenden Einstandspflicht der Masse für etwaige mit dem Neuerwerb zusammenhängende Verbindlichkeiten werden neue Vertragspartner des Insolvenzschuldners zwar in der Regel zu vermeiden wissen. Der Fiskus befindet sich insofern freilich in einer anderen Lage, weil er keinen Einfluss darauf hat, ob und in welchem Umfang sich Umsatzsteuer und anrechenbare Vorsteuer aufgrund der Geschäftstätigkeit des Insolvenzschuldners ausgleichen oder neben Umsatzsteuerzahllasten für einzelne Veranlagungszeiträume (einstweilen in der Regel nicht beitreibbare und infolge des § 96 Abs. 1 InsO auch nicht verrechenbare) Umsatzsteuervergütungsansprüche entstehen. Hieraus kann den Fiskus jedoch auch die Ãœberlegung nicht befreien, dass solche Vergütungsbeträge infolge der fehlenden rechtlichen Selbstständigkeit anzurechnender Vorsteuern lediglich gleichsam negative Umsatzsteuerforderungen des Fiskus darstellen, die zwar möglicherweise bei der Jahresveranlagung durch positive Rechnungsposten zum Ausgleich kommen, mangels Beitreibbarkeit einer dann ggf. ausgewiesenen Zahllast aber unter Umständen fiskalisch endgültig verloren sind. Dies legt es zwar nahe, Schulden und Vergütungsforderungen hinsichtlich ihrer Zuordnung zur Masse oder zum insolvenzfreien Vermögen des Schuldners gleich zu behandeln. Es kann aber nichts an der grundsätzlich auch für die insolvenzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebenden umsatzsteuerlichen Systematik ändern, dass bezogen auf die einzelnen Veranlagungszeiträume die Steuerfestsetzung entweder in eine Steuerschuld oder einen Vergütungsanspruch mündet, welche beide, wie ausgeführt, insolvenzrechtlich eine unterschiedliche Zuordnung erfahren.

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d) Es ist hier nicht zu erörtern, ob (auch unter Berücksichtigung des eben erörterten Ungleichgewichts) durchgreifende Argumente für die Zuordnung der durch eine insolvenzfreie Tätigkeit des Schuldners entstehenden Umsatzsteuer zur Masse gefunden werden könnten (vgl. dazu Obermair, Der Neuerwerb – eine unendliche Geschichte, Deutsches Steuerrecht 2005, 1561; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rz 822; Voigt/Gerke, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2002, 1054) und ob eine solche Zuordnung insbesondere unter der Geltung des § 35 InsO n.F. geboten ist, nachdem auch die Begründung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens von der Auffassung ausgeht, ohne Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO seien die durch den Neuerwerb begründeten Verbindlichkeiten aus einer freiberuflichen Tätigkeit des Schuldners Masseverbindlichkeiten, da insofern eine Verwaltungshandlung vorliege, was auch für Verbindlichkeiten gelte, die der Schuldner unter Einsatz von Gegenständen begründet, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung unpfändbar sind (BTDrucks 16/3227, S. 17). Ebenfalls muss unerörtert bleiben, ob Steuererstattungsansprüche, die der Schuldner aus einer ohne Nutzung oder Verwertung zur Insolvenzmasse gehörender Vermögensgegenstände betriebenen Tätigkeit erworben hat, vom FA mit Masseverbindlichkeiten verrechnet werden könnten; denn eine solche Verrechnung hat das FA im Streitfall nicht vorgenommen.

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2. Die nach alledem unbegründete Revision des FA war deshalb zurückzuweisen.

Quelle: Bundesfinanzhof


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