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Ãœbernahme von Steuerberatungskosten ist Arbeitslohn (BFH VI R 2/08)


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b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ãœbernahme der Steuerberatungskosten für die Steuererklärungen der japanischen Arbeitnehmer durch die Klägerin auch im eigenen Interesse der ausländischen Arbeitnehmer erfolgte und deshalb Arbeitslohn anzunehmen sei. Diese Gesamtwürdigung, die revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488; vom 10. November 2005 VI B 75/05, BFH/NV 2006, 530; BFH-Urteil vom 12. April 2007 VI R 77/04, BFH/NV 2007, 1643; in BFHE 224, 314, BStBl II 2009, 462; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 87, m.w.N.), ist möglich; sie lässt keinen Rechtsfehler erkennen.


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aa) Nach den von der Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG gründet die Ãœbernahme der Steuerberatungskosten auf der zwischen der Klägerin und ihren ausländischen Arbeitnehmern getroffenen Nettolohnabrede. Deshalb –die Klägerin übernimmt nach eigenem Vorbringen die Steuerberatungskosten nur beim Vorliegen solcher Vereinbarungen– ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse an der Kostenübernahme nach den Motiven für den Abschluss der Nettolohnvereinbarung insgesamt bestimmt und nicht nach dem wirtschaftlichen Verbleib der Steuererstattungen im Einzelnen beurteilt.

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bb) Auch die Würdigung, dass der Abschluss der Nettolohnvereinbarungen im Streitfall sogar im überwiegenden Interesse der ausländischen Arbeitnehmer liegt, ist frei von Rechtsfehlern. Dieser Schluss liegt schon deshalb nahe, weil die Nettolohnvereinbarung für den Arbeitgeber unzweckmäßig (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Aufl. 2009, § 71 Rz 108) und risikobehaftet (Küttner/Griese, Personalbuch 2009, Stichwort Nettolohnvereinbarung, Rz 1) ist. Dies deshalb, weil der (ausländische) Arbeitnehmer die Lohnkostenbelastung durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden individuellen Umständen beeinflussen kann. Außerdem wirken sich Beitragserhöhungen zu Lasten des Arbeitgebers aus. In diesem Fall muss er einen höheren Bruttolohn berechnen, um dem Arbeitnehmer den vereinbarten Nettolohn zu zahlen. Darüber hinaus ist für den Arbeitgeber kalkulatorisch ohne Belang, ob er eine Brutto- oder Nettolohnvereinbarung abschließt. Die Arbeitskosten sind auch bei der Nettolohnabrede ein –wenn auch aus dem Nettolohn hochgerechnetes– Bruttoentgelt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2009 VI R 29/06, BFHE 226, 219, BStBl II 2010, 148).

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Den ausländischen Arbeitnehmern hingegen wird mit dem zugesagten Nettolohn eine handhabbare Entscheidungs- und Vergleichsgröße zur Verfügung gestellt, die ihnen erlaubt, den wirtschaftlichen Nutzen des Auslandsaufenthalts zu bewerten. Darüber hinaus muss sich der Arbeitnehmer bei einer Nettolohnabrede weder mit steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einer ausländischen Rechtsordnung noch mit den Fragen grenzüberschreitender Besteuerung befassen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sich die Attraktivität der Auslandsvergütung für den Arbeitnehmer nach dem zur Verfügung stehenden Nettolohn bemesse und deshalb üblicherweise bei der Entsendung ins Ausland ein Nettolohn vereinbart werde. Dabei verkennt der Senat nicht, dass vorliegend die Nettolohnvereinbarungen auch im Interesse der Klägerin liegen. Derartige Vereinbarungen dienen im Streitfall der Minimierung von Lohnkosten. Eine Bruttolohnvereinbarung würde bei jeder Veränderung der für die Berechnung des Nettolohns maßgeblichen Größen eine Vertragsanpassung erfordern und wäre daher mit einem administrativen Mehraufwand für die Klägerin verbunden. Gleichwohl vermag dieser Umstand ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin am Abschluss von Nettolohnvereinbarungen nicht zu begründen. Er macht vielmehr deutlich, dass die Nettolohnvereinbarung einerseits auf dem Wunsch der Arbeitnehmer nach Vergleichbarkeit von Inlands- und Auslandsgehalt beruht und andererseits dem Interesse des Arbeitgebers, diesem Wunsch möglichst kostengünstig, leicht administrierbar und flexibel Rechnung zu tragen, dient.


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Die vom FG auf dieser Grundlage vorgenommene Gewichtung, dass der Abschluss der Nettolohnvereinbarung und damit auch die Ãœbernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin nicht in ihrem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, sondern zumindest auch im Eigeninteresse der Arbeitnehmer lag, ist jedenfalls möglich und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die eigenbetrieblichen Interessen der Klägerin an der Ãœbernahme der streitigen Kosten treten gegenüber dem offenkundigen eigenen Interesse der ausländischen Arbeitnehmer zumindest nicht evident hervor. Die vom FG angestellte Gesamtwürdigung ist daher aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

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cc) Die BFH-Entscheidung vom 14. August 2001 XI R 22/00 (BFHE 196, 500, BStBl II 2002, 180 ) vermag das Begehren der Klägerin ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dort hat der BFH entschieden, dass eine Entlassungsentschädigung auch dann als steuerbegünstigter Arbeitslohn zu beurteilen ist, wenn in einem späteren Veranlagungszeitraum aus sozialer Fürsorge für eine gewisse Ãœbergangszeit ergänzende Entschädigungszusatzleistungen (beispielsweise eine Outplacement-Beratung) erbracht werden. Der Umstand, dass sozial motivierte Zusatzleistungen einer Zusammenballung von Einkünften i.S. von §§ 34, 24 Nr. 1 EStG nicht entgegenstehen, erlaubt keinen Schluss, ob vorliegend die Ãœbernahme der Steuerberatungskosten zum Arbeitslohn zu zählen ist.

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3. Dass das FA die streitbefangene Lohnsteuer nebst Annexsteuern –ungeachtet der Frage des eigenbetrieblichen Interesses– durch einen Haftungsbescheid festsetzen durfte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht ebenso wenig streitig wie die Bemessung der Haftungsschuld selbst.

Quelle: Bundesfinanzhof


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