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Ãœbergang einer Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger BFH Urteil IV R 29/08


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aa) Entgegen der Ansicht der Vorinstanz hat der I. Senat mit diesem Urteil nicht lediglich –mit zudem „missverständlichen Formulierungen“– zu prozessualen Fragen sowie zur fortdauernden Steuerschuldnerschaft des übertragenden Rechtsträgers (GmbH I) „dem Grunde nach“ Stellung genommen, sondern –sowohl nach Leitsatz 1 als auch den Gründen der Entscheidung (dort zu II.1.)– unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Ãœbergang der Gewerbesteuerschuld der GmbH I auf den übernehmenden Rechtsträger (GmbH II) –mangels Vorliegens der Tatbestandsmerkmale des § 45 AO– zu verneinen sei; dem Urteil liegt damit zugleich die Wertung zugrunde, dass § 45 AO, der den Ãœbergang von Steuerschulden regelt, als speziellere Vorschrift den allgemeinen Bestimmungen der §§ 126 Abs. 1 Nr. 9, 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG vorgeht. Das Urteil ist in diesem Sinne nicht nur vom BFH bestätigt worden (vgl. Urteil in BFHE 209, 29, BStBl II 2006, 432, betreffend Investitionszulage; vgl. auch Urteil vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186), sondern hat auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (z.B. Boeker, a.a.O., § 45 AO Rz 13; Schwarz, a.a.O., § 45 Rz 4; Bleisinger, a.a.O., Rz 2; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 45 AO Rz 6 –a.E.–; Brockmeyer, a.a.O., § 45 Rz 4; Gosch, BFH-Praxis Report 3/2003, 103; Steinhauff, juris PraxisReport-Steuerrecht, 31/2005 Anm. 6; Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 131 UmwG Rz 131, 153; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 23 UmwStG Rz 600; im Ergebnis ebenso Simon, Der Konzern 2003, 373, 374 f.; Teichmann in Lutter, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl. 2009, § 131 Rz 65; gl.A. bereits zuvor Götz, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1996, 449, 451; Buciek, a.a.O., AO § 45 Rz 15, unter „Umwandlungsrecht“ a.E.).

bb) Der erkennende Senat pflichtet dem Urteil in BFHE 199, 489, BStBl II 2003, 835 bei. Folge hiervon ist des Weiteren, dass auch die vorliegend zu beurteilende Abspaltung einzelner Geschäftsbereiche (§ 123 Abs. 2 –Nr. 2– UmwG), bei der –gleich der vom I. Senat entschiedenen Ausgliederung– der Ursprungsrechtsträger (hier: Klägerin) nur einen Teil seines Vermögens übertragen hat und damit nicht erloschen ist, nicht mit einem Ãœbergang der Gewerbesteuerschulden der Klägerin verbunden war.

Soweit die Vorinstanz hiergegen geltend gemacht hat, dass die auf den übernehmenden Rechtsträger (hier: Y-KG) zu übertragenden Verbindlichkeiten im Spaltungsplan frei bestimmt werden könnten (§ 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG) und hiervon –wie die Regelung des § 133 Abs. 3 Satz 1, zweiter Halbsatz UmwG zeige– auch öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten nicht auszunehmen seien (i.E. ebenso Zimmermann, EFG 2008, 1755, 1756), vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Gleiches gilt für den Hinweis des Schrifttums darauf, dass der Begriff der „partiellen Gesamtrechtsnachfolge“ auch von der Rechtsprechung verwendet werde (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts –BAG– vom 22. Februar 2005 3 AZR 499/03 (A), BAGE 114, 1; BAG-Urteil vom 11. März 2008 3 AZR 358/06, Der Konzern 2008, 519, jeweils betreffend sog. Rentnergesellschaften; vgl. –ohne Erläuterung– BTDrucks 16/2919: „Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzung und Spaltung“) und deshalb das UmwG 1995 die Grenzen des Rechtsinstituts der Gesamtrechtsnachfolge in der Weise ausgedehnt habe, dass die umwandlungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge (im weiteren Sinne; i.w.S.) sich lediglich durch die Befreiung des Rechtserwerbs vom Spezialitätsgrundsatz auszeichne (Simon, a.a.O., 375 f.; Leitzen, Deutsches Steuerrecht 2009, 1853, 1855; vgl. auch Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 12 IV.4, S. 357).

(1) Abgesehen davon, dass der Begriff der „partiellen“ „Gesamt“-Rechtsnachfolge widersprüchlich ist, hat der I. Senat mit Urteil in BFHE 199, 489, BStBl II 2003, 835 unter wörtlicher Ãœbernahme der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs –BGH– (BGH-Urteil vom 6. Dezember 2000 XII ZR 219/98, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1217) zur Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG erläutert, dass „es sich (hierbei) nicht um den Ãœbergang des gesamten Vermögens eines untergegangenen Rechtsträgers handelt, sondern um eine besondere Ãœbertragungsart, die es gestattet, anstelle der Einzelübertragung verschiedener Vermögensgegenstände eine allein durch den Parteiwillen zusammengefasste Summe von Vermögensgegenständen in einem Akt zu übertragen“. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Der Ãœbergang von Vermögensteilen im Wege der Ausgliederung oder (im Streitfall) der Abspaltung ist deshalb –ungeachtet der mit dem UmwG teilweise verbundenen sprachlichen Weiterung (s.o.)– materiell-rechtlich nicht als Gesamtrechtsnachfolge, sondern –wie im BGH-Urteil vom 25. Januar 2008 V ZR 79/07 (BGHZ 175, 123) ausgeführt wird– als Sonderrechtsnachfolge (uno-actu-Ãœbergang) zu qualifizieren, mit der lediglich der verfügungsrechtliche Grundsatz der Spezialität durch den Bestimmtheitsgrundsatz im Rahmen des Spaltungsplans ersetzt wird (vgl. zu Letzterem Teichmann in Lutter, a.a.O., § 131 Rz 11). Demgemäß ist es –auch mit Blick auf die allgemeine Behandlung von Sonderrechtsnachfolgen (s. zur HöfeO oben zu II.2.a bb)– ausgeschlossen, die Ausgliederung oder Abspaltung der Gesamtrechtsnachfolge i.e.S. (d.h. i.S. von § 45 AO) zuzuordnen.

(2) Des Weiteren fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, soweit er für Fälle der Abspaltung und Ausgliederung eine Sonderrechtsnachfolge anordnet, als gesetzliche Ausnahmevorschrift einzustufen, die –abweichend von dem Grundsatz des § 45 Abs. 1 AO– den Ãœbergang von Steuerverbindlichkeiten auch außerhalb des Rechtsinstituts der Gesamtrechtsnachfolge (i.e.S.) bewirke (so aber Zimmermann, a.a.O., S. 1756). Letzteres ist jedenfalls für das Streitjahr bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Umwandlung der Klägerin der Vorschrift des § 132 UmwG (a.F.) unterstand, nach der „Allgemeine Vorschriften, welche die Ãœbertragung eines bestimmten Gegenstandes … an bestimmte Voraussetzungen knüpfen …, durch die Wirkungen der Eintragung nach § 131 (UmwG) unberührt (bleiben)“, und hiernach nicht zweifelhaft sein kann, dass Steuerverbindlichkeiten (grundsätzlich) nur nach Maßgabe der Anforderungen des § 45 AO (Gesamtrechtsnachfolge i.e.S.) auf den Rechtsnachfolger übergehen konnten (zu den Grundsätzen des intertemporalen materiellen und prozessualen Rechts s. BFH-Urteil vom 18. Mai 1988 X R 63/82, BFHE 154, 241, BStBl II 1988, 967; BFH-Beschluss vom 8. Mai 1995 X B 2/95, BFH/NV 1995, 968; BTDrucks 329/05, S. 115 ff.). Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, dass § 132 UmwG (a.F.) die Ãœbertragbarkeit von „Gegenständen“ beschränkte; abweichend von der Ansicht der Vorinstanz gehörten hierzu nicht nur Wirtschaftsgüter des Aktivvermögens, sondern –wie sowohl § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG als auch die abweichende Wortwahl in § 131 Nr. 1 UmwG („Vermögen einschließlich Verbindlichkeiten“) zeigt– auch solche des Passivvermögens (gl.A. Semler/Stengel, UmwG, 1. Aufl., 2003, § 132 Rz 4, m.w.N.).

3. Das Urteil des FG ist damit aufzuheben. Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, dass die Klägerin ein gewerbliches Unternehmen betrieben hat (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG; s.o. zu II.1.), so ist sie zum einen Schuldnerin der für den EZ 1996 ermittelten Gewerbesteuer geblieben mit der weiteren Folge, dass ihr gegenüber auch der –nach den Verhältnissen des Wirtschaftsjahres 1995/96– für den EZ 1996 zu ermittelnde Gewerbeertrag festzusetzen ist (§ 184 Abs. 1 AO i.V.m. § 10 Abs. 2 GewStG; § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG). Zum anderen geht in die gegenüber der Klägerin zu treffende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1997 nicht nur der gesamte im Wirtschaftsjahr 1996/97 erzielte Gewinn aus dem zurückbehaltenen Milchbetrieb, sondern darüber hinaus auch der auf den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 31. Mai 1997 entfallende Gewinn (oder Verlust) aus den abgespaltenen Betriebsteilen (Pflanzen- und Mastbetrieb) ein. Maßgeblich ist insoweit nicht der Zeitpunkt des Entstehens der Gewerbesteuerschuld (Ablauf des EZ 1997; § 18 GewStG), sondern –gleich den Fällen des Wechsels der Gewerbesteuerpflicht– die sachliche Abgrenzung des bis zum steuerrechtlichen Ãœbertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 UmwStG) erwirtschafteten Gewerbeertrags (vgl. –jeweils zum Wechsel der Gewerbesteuerpflicht während des Erhebungszeitraums– BFH-Urteil vom 17. Februar 1989 III R 36/85, BFHE 156, 502, BStBl II 1989, 664; Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 zu C.III.9.g). Da das FG bisher keine Feststellung dazu getroffen hat, ob die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1996 und 1997 diesen Grundsätzen entsprechen, wird die Vorinstanz –sollte sie die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin dem Grunde nach bejahen– die Bescheide auch insoweit zu überprüfen haben.

Quelle: Bundesfinanzhof



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