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Ãœbergang einer Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger BFH Urteil IV R 29/08


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II.
Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

1. Dem Urteil des FG kann nicht entnommen werden, ob die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) oder ob sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb –sei es aufgrund originär gewerblicher Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG), sei es nach der Abfärbebestimmung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG oder nach der Regelung zur gewerblichen Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG)– erzielt hat.

2. Die hierfür erforderlichen Feststellungen werden im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein (vgl. auch nachfolgend zu II.3.), weil –entgegen der Beurteilung der Vorinstanz– im Falle des Vorliegens eines gewerblichen Unternehmens die gewerbesteuer-rechtliche Schuldnerstellung der Klägerin (§ 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes –GewStG–) –auch bezüglich der Ansprüche, die auf die Zeit bis zum steuerlichen Ãœbertragungsstichtag entfallen (hier: 31. Mai 1997; vgl. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 –UmwStG– i.V.m. §§ 17 Abs. 2, 125 Satz 1, § 135 Abs. 1 UmwG)– nicht auf die im Wege der Abspaltung zur Neugründung entstandene Y-KG übergegangen ist.

a) Nach § 43 Satz 1 AO bestimmen die Steuergesetze, wer Steuerschuldner ist. Die Steuerschuld geht auf einen Rechtsnachfolger (grundsätzlich) nur nach Maßgabe des § 45 AO und damit nur „bei Gesamtrechtsnachfolge“ über (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1970 I R 72/68, BFHE 100, 353, BStBl II 1971, 26 zu I.1.b der Gründe); im Falle Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession) ist der Ãœbergang der Steuerschuld demnach an eine ausdrückliche steuergesetzliche Anordnung gebunden (vgl. z.B. § 50 Abs. 2 AO; Kruse, in: Rechtsnachfolge im Steuerrecht, DStJG, Bd. 10, S. 1, 12).

aa) Der Ãœbergang von Steuerschulden „bei Gesamtrechtsnachfolge“ wurde erstmals mit § 8 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934 (RGBl I 1934, 925) –StAnpG– ausdrücklich geregelt und mit dem Klammerzusatz „z.B. bei Erbfolge oder Verschmelzung von Gesellschaften“ versehen. In der Gesetzesbegründung zum StAnpG wurde hierzu erläutert, dass die Einzelrechtsnachfolge durch die „Nachfolge in einzelne Wirtschaftsgüter“ gekennzeichnet sei und –im Gegensatz zur Gesamtrechtsnachfolge– ein Ãœbergang der Steuerschuld (grundsätzlich) nicht stattfinde (RStBl 1934, 1398, 1404). Demgemäß hat auch der BFH das Wesen der Gesamtrechtsnachfolge (i.S. von § 8 StAnpG) dahin umschrieben, dass der Rechtsnachfolger in jeder Hinsicht in die Rechtsstellung des Vorgängers eintrete (BFH-Urteil vom 22. Februar 1968 V R 100/67, BFHE 92, 114, BStBl II 1968, 464). Hieran anknüpfend wurde in der Begründung zur AO (1977) ausgeführt, dass „entsprechend § 8 Abs. 1 StAnpG die zivilrechtlichen Grundsätze (vgl. z.B. § 1922 BGB) auch im Steuerrecht gelten“. Gesamtrechtsnachfolger seien „insbesondere die Erben, bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften die übernehmende Gesellschaft“ (zur Rechtsentwicklung –einschließlich § 87 der Reichsabgabenordnung (RAO) 1919 und § 106 RAO 1931– s. Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 45 AO Rz 1).

bb) Hiernach ist auch der in § 45 AO verwendete Begriff der Gesamtrechtsnachfolge in einem engen Sinne zu verstehen. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass nach gesetzlicher (z.B. zivilrechtlicher) Anordnung das ganze Vermögen eines (erlöschenden) Steuerrechtssubjekts –mit Ausnahme höchstpersönlicher Rechte– auf einen oder mehrere Rechtsnachfolger aufgrund eines einheitlichen Rechtsaktes übertragen wird (Gesamtrechtsnachfolge oder Universalsukzession im engeren Sinne –i.e.S.–; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 45 Rz 7 f.; Boeker, a.a.O., § 45 AO Rz 10, 11; Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 45 Rz 4; Schwarz, AO, § 45 Rz 1a; Blesinger in: Kühn/ v.Wedelstädt, 18. Aufl., AO, § 45 Rz 1). Eine Gesamtrechtsnachfolge ist demnach z.B. ausgeschlossen, wenn das gesamte Vermögen einer GmbH im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession) übergeht (BFH-Urteile in BFHE 100, 353, BStBl II 1971, 26; vom 11. April 1991 V R 86/85, BFHE 164, 219, BStBl II 1991, 729). Gleiches gilt nach herrschender Meinung in Fällen der Sondererbfolge nach § 4 Satz 1 der Höfeordnung (HöfeO); der Hoferbe ist nur dann Gesamtrechtsnachfolger i.S. von § 45 AO, wenn er als Miterbe am hoffreien Vermögen beteiligt ist (vgl. § 15 HöfeO; Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 45 Rz 4; Boeker, a.a.O., § 45 Rz 19; BFH-Urteil vom 17. September 2008 IX R 79/99, BFH/NV 2009, 144).

cc) Auch für Zwecke der Gewerbesteuer kommt ein Eintritt in die Schuldnerstellung einer Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG) nur nach den die Gesamtrechtsnachfolge i.e.S. (§ 45 AO) kennzeichnenden Merkmalen in Betracht. So ordnet § 5 Abs. 2 GewStG (i.V.m. § 2 Abs. 5 GewStG) für den Ãœbergang eines Gewerbebetriebs im Ganzen auf einen anderen Unternehmer an, dass der bisherige Unternehmer für die Zeit bis zum Ãœbergang Steuerschuldner bleibt und der andere Unternehmer (nur) für den sich hieran anschließenden Zeitraum Steuerschuldner wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 zu C.III.9.g). Anderes gilt nur dann, wenn der Rechtsnachfolger in die Gewerbesteuerpflicht der Personengesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (i.e.S.; § 45 AO) einrückt (BFH-Urteil vom 19. November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520, betreffend die Umwandlung einer OHG in eine GmbH). Ebenso hat der BFH die Frage nach der fortdauernden Steuerschuldnerschaft bei das Vermögen einer Personengesellschaft betreffenden Umstrukturierungen beurteilt, die nicht den §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 5 GewStG unterstehen (vgl. auch hierzu Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616 zu C.III.9.g). Er hat deshalb erkannt, dass die gewerbesteuerrechtliche Schuldnerschaft einer Personengesellschaft trotz handelsrechtlicher Vollbeendigung bis zur Abwicklung des (gewerbesteuerrechtlichen) Rechtsverhältnisses nicht erlischt, wenn im Zuge der Auseinandersetzung (Realteilung) einer KG jeder Gesellschafter einen Geschäftszweig im Wege der Einzelrechtsnachfolge übernimmt (BFH-Urteil vom 17. Februar 1994 VIII R 13/94, BFHE 174, 550, BStBl II 1994, 809). Auch für nicht von den §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 5 GewStG erfasste Sachverhalte kommt deshalb ein Ãœbergang der Gewerbesteuerschuld nur in Betracht, wenn der Rechtsnachfolger die Steuerpflicht der Personengesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (i.e.S.; § 45 AO) übernimmt (BFH-Urteil vom 11. August 1993 III R 83/89, BFH/NV 1994, 263, betreffend die Ãœbernahme eines Betriebs durch einen der bisherigen Gesellschafter).

b) In Ãœbereinstimmung mit den vorstehenden Grundsätzen hat der I. Senat des BFH mit Urteil in BFHE 199, 489, BStBl II 2003, 835 schließlich entschieden, dass in Fällen der Ausgliederung eines Geschäftsbetriebs einschließlich der zugehörigen Verbindlichkeiten (§ 123 Abs. 3 –Nr. 2– UmwG i.V.m. §§ 136, 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG) der übernehmende Rechtsträger (GmbH II) deshalb nicht die Klägerstellung betreffend die gegenüber dem übertragenden Rechtsträger (GmbH I) ergangenen Gewerbesteuermessbescheide erlangt habe, weil er nicht Gesamtrechtsnachfolger geworden und damit auch nicht in die gewerbesteuerrechtliche Schuldnerstellung des übertragenden Rechtsträgers eingetreten sei.



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