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Steuerpflicht von Zinsen aus Lebensversicherungen (BFH VIII R 40/06)


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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zur Lebensversicherung des Klägers enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) rechtswidrig ist.


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1. Nach §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 16. Dezember 1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3) stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zur Versicherung auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen bestehen nicht (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rz 497 f., m.w.N.).

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2. Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrages nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

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Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297; BStBl I 1992, 146) –nachfolgend bis zum 31. Dezember 2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG– gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können (vgl. dazu im Einzelnen und mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift Senatsurteile vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BFHE 207, 136, BStBl II 2004, 1060; VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181, und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184). Anwendbar ist diese Regelung, wenn die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen, es sei denn, der Kläger könnte den Nachweis führen, dass die Darlehensschuld bis zum 13. Februar 1992 bereits entstanden war und er sich verpflichtet hatte, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Tilgung oder Sicherung dieses Darlehens einzusetzen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).

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a) Die vom Kläger abgeschlossene Lebensversicherung ist unstreitig eine Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG.

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b) Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag haben nach dem 13. Februar 1992 auch zur Sicherung eines Darlehens gedient, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).

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c) Da das Darlehen unstreitig nicht zur Finanzierung einer betrieblichen Maßnahme abgeschlossen worden ist und damit kein betrieblich veranlasstes Darlehen war (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG) und es sich bei der Lebensversicherung des Klägers auch nicht um eine Direktversicherung handelt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b EStG), kann die Steuerpflicht nur dann entfallen, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Das setzt ein Darlehen voraus, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

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aa) Zwar hat der Kläger mit dem neu aufgenommenen Darlehen bei der Y-Bank nicht unmittelbar und ausschließlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts finanziert, das zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist, sondern er hat dieses Darlehen eingesetzt, um ein bereits 1987 aufgenommenes Darlehen umzuschulden. Dies ist jedoch unschädlich, wenn der Kläger nachweist, dass die Darlehensschuld bis zum 13. Februar 1992 bereits entstanden war und er sich verpflichtet hatte, die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Tilgung oder Sicherung dieses Darlehens einzusetzen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 13a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992).

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bb) Ein solcher „Altvertrag“ ist im Streitfall zu bejahen. Zwar ist die Darlehensschuld über 1 Mio. DM aus dem Kreditvertrag mit der Y-Bank erst 1998 entstanden, d.h. erst nach dem in § 52 Abs. 13a Satz 4 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 genannten Zeitpunkt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung, die nach dem Gesetzeszweck geboten ist, hat dieses Darlehen aber lediglich das bereits 1987 aufgenommene Darlehen bei der X-AG ersetzt, für dessen Besicherung der Kläger bereits zum damaligen Zeitpunkt (1987) die Ansprüche aus seiner Lebensversicherung bei der X-AG an den Kreditgeber abgetreten hatte und das unstreitig der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gedient hat. Wirtschaftlich gesehen dient damit auch das „neue“ Darlehen gleichermaßen wie das mit diesem abgelöste „alte“ Darlehen, bei dem die Zinsbindungsfrist abgelaufen war, (noch immer) der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Wenn die Kläger das Ursprungsdarlehen, für dessen Besicherung im Jahr 1987 die Ansprüche aus einer Lebensversicherung steuerunschädlich eingesetzt werden konnten, aus ökonomischen Gründen umschulden, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als steuerunschädlich zu betrachten. Dafür spricht auch, dass hier kein weiteres zusätzliches Darlehen aufgenommen wurde, sondern wie bei einer steuerunschädlichen Prolongation lediglich der Darlehensgeber gewechselt hat. Wirtschaftlich betrachtet kann es keine Rolle spielen, ob ein bestehendes Darlehen beim nämlichen Kreditgeber prolongiert wird, oder ob sich der Kreditnehmer aus wirtschaftlichen Gründen für eine Umschuldung, d.h. den Wechsel zu einem anderen Darlehensgeber, entscheidet, denn im Ergebnis geht es stets um die Finanzierung oder Weiterfinanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts.


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