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Schutz der aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehenden Gemeinschaft (II R 67/08)


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aaa) Art. 6 Abs. 1 GG stellt nicht nur die Ehe, sondern auch die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und enthält einen besonderen Gleichheitssatz, der es verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot, vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 12. Mai 1987 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84, BVerfGE 76, 1; vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216). Auch die aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehende Gemeinschaft unterfällt Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG-Urteil vom 30. Juni 1964 1 BvL 16/62 bis 1 BvL 25/62, BVerfGE 18, 97), der die Familie als umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern, in der den Eltern vor allem das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen, schützt; das gilt auch für das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 1981 2 BvR 646/80, BVerfGE 57, 170).


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bbb) Der vorgenannte Schutz betrifft die Familie vorrangig als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, in welcher die leibliche und seelische Entwicklung der Kinder ihre wesentliche Grundlage findet (vgl. die Nachweise bei Badura in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 6 Rz 60). Deshalb ist auch davon auszugehen, dass die Familie als verantwortliche Elternschaft von der prinzipiellen Schutzbedürftigkeit des heranwachsenden Kindes bestimmt wird und die Verantwortlichkeit und das Sorgerecht der Eltern mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Kindes zurücktreten (BVerfG-Beschluss vom 18. April 1989 2 BvR 1169/84, BVerfGE 80, 81). Demgemäß nimmt die Schutzintensität ab, je mehr sich die familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zu einer Haus- bzw. Begegnungsgemeinschaft wandelt (vgl. Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 5. Aufl., Art. 6 Rz 82). Im Streitfall ist aber zu berücksichtigen, dass die Tochter der Klägerin nicht nur im Januar 2007 noch minderjährig war, sondern sich auch noch danach in der schulischen Ausbildung befand. Es stellt sich deshalb die Frage, ob allein die Tatsache, dass die Tochter der Klägerin während des Großteils des Streitzeitraums schon volljährig war, den Ausschluss der Kleinfamilie Mutter/Kind aus dem Begünstigungstatbestand des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG rechtfertigen kann, weil aus der vorläufigen Sicht des Senats jedenfalls die schulische Ausbildung noch der familiären Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zugehörig ist. Ob der Klägerin und ihrer Tochter eine Verlagerung des familiären Hauptwohnsitzes nach Hamburg allein zum Zweck der Vermeidung der Zweitwohnungsteuerpflicht zumutbar gewesen wäre, erscheint deshalb fraglich.

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4. Sollte die Prüfung der unter 3. angesprochenen Verfassungsfragen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, so müsste der Senat nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG einholen.

Quelle: Bundesfinanzhof


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