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Schutz der aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehenden Gemeinschaft (II R 67/08)


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b) Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG und mangels einer erkennbaren Gesetzeslücke scheidet auch eine analoge Anwendung der Norm auf die Klägerin aus. Die Vorschrift enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass außer dem dort ausdrücklich genannten Personenkreis weitere Personen dadurch begünstigt werden sollten, dass unter den weiteren in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen von der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer abzusehen wäre. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, durch welche die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg lediglich die Vorgaben des BVerfG in dessen Beschluss vom 11. Oktober 2005 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 (BVerfGE 114, 316) umsetzen wollte (vgl. Bürgerschafts-Drucksache 18/3627). Zwar ist die Bürgerschaft unter anderem durch die Aufnahme von Lebenspartnerschaften in das Gesetz weiter gegangen, als sich dies aus dem lediglich verheiratete Personen betreffenden BVerfG-Beschluss in BVerfGE 114, 316 ableiten lässt; daraus ergibt sich aber nicht, dass es sich in § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG um eine offene Aufzählung der möglichen Begünstigten handeln würde. Einer Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift steht daher die Gesetzesbindung der Steuerverwaltung und der Rechtsprechung entgegen (Art. 20 Abs. 3 GG und für die Gerichte ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG).


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3. Allerdings stellt sich im Streitfall die Frage, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG mit Blick auf die fehlende Begünstigung der Kleinfamilie Mutter/Kind gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.

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a) Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm, welche –ausweislich der zitierten Materialien– nicht primär geschaffen wurde, um Wohnungen, die aus beruflichen Gründen neben der Hauptwohnung gehalten werden, generell nicht mit Zweitwohnungsteuer zu belasten, sondern um zu verhindern, dass Ehegatten aus der sie betreffenden melderechtlichen Sonderregelung für den ehelichen Wohnsitz einen steuerlichen Nachteil erleiden (vgl. zur wortlautidentischen Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 des Berliner Zweitwohnungsteuergesetzes BFH-Beschluss vom 19. August 2009 II B 38/09, BFH/NV 2009, 2014), wird zunächst zu berücksichtigen sein, dass eine melderechtliche Zwangslage in der Person der Klägerin in den Streitjahren nicht bestand.

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aa) Das BVerfG hat in seinem Beschluss in BVerfGE 114, 316 mit Blick auf verheiratete Steuerpflichtige ausgeführt, dass zu dem von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten ehelichen Zusammenleben auch die Entscheidung der Eheleute zählt, zusammenzuwohnen und die gemeinsame Wohnung selbst bei einer beruflichen Veränderung eines Ehegatten, die mit einem Ortswechsel verbunden ist, zu erhalten, da die Innehabung einer Zweitwohnung die notwendige Konsequenz der Entscheidung zu einer gemeinsamen Ehewohnung an einem anderen Ort ist. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG hat das BVerfG deshalb alleine aus dem Umstand abgeleitet, dass nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) Hauptwohnung eines verheirateten Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seinem Ehegatten lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Eheleute ist. Deshalb ist ein Ehegatte, dessen vorwiegend benutzte Wohnung i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG bei ausschließlicher Betrachtung seiner Person diejenige am Beschäftigungsort ist, gezwungen, sich gleichwohl mit Hauptwohnsitz in der ehelichen Wohnung anzumelden (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 2014). Eine Regelung, welche unter Anknüpfung an diese melderechtlichen Vorgaben generell die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für Nebenwohnungen vorsieht, verstößt dementsprechend gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil es für Verheiratete ausgeschlossen ist, die Wohnung am Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer zu entgehen, während Personen, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der Verlegung ihres melderechtlichen Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort abgehalten werden, einer steuerlichen Belastung durch Anmeldung ihres Hauptwohnsitzes am Beschäftigungsort entgehen können (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 114, 316).

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bb) Eine solche melderechtliche Zwangslage bestand in der Person der Klägerin auch im Hinblick auf die Minderjährigkeit ihrer Tochter nicht. Zwar ist nach § 12 Abs. 2 Satz 3 MRRG bzw. § 16 Abs. 2 Satz 3 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern und § 15 Abs. 2 Satz 3 HmbMG Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners die Wohnung der Personensorgeberechtigten bzw. bei Getrenntleben der Sorgeberechtigten die Wohnung desjenigen Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Die Klägerin hatte aber bei auf ihre Person beschränkter isolierter Betrachtungsweise ihren Hauptwohnsitz in N inne, weil sie sich dort nach den Feststellungen des FG überwiegend aufhielt. Zu einer zwangsweisen, die Zweitwohnungsteuerpflicht auslösenden Verlagerung des Hauptwohnsitzes aus Hamburg heraus konnte es folglich nicht kommen.

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b) Allerdings wird bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG weiter zu berücksichtigen sein, dass der Landesgesetzgeber bei der Schaffung der Norm deutlich über die Vorgaben des BVerfG in seinem Beschluss in BVerfGE 114, 316 hinausgegangen ist, indem er die Anwendung der Abs. 1 und 2 der Vorschrift für Wohnungen von verheirateten oder in Lebenspartnerschaft lebenden Personen, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner leben, generell ausgeschlossen hat, wenn diese ihre in Hamburg belegene Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehaben und die mit dem Ehe- oder Lebenspartner gemeinsam genutzte Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen ist.

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aa) Es steht außer Zweifel, dass die Klägerin, wäre sie verheiratet oder würde sie in Lebenspartnerschaft leben, dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG unterfiele. Dies ergibt sich daraus, dass sie ihre Wohnung in N nicht nur als Hauptwohnung angemeldet hat, sondern sich dort im Streitzeitraum auch überwiegend aufhielt, während sie ihre Hamburger Wohnung ausschließlich aus beruflichen Gründen nutzte. Auch ein Fall, in welchem nach dem vom FA verwendeten Prüfschema eine nur „gelegentliche beruflich veranlasste Nutzung“ vorliegen könnte, ist ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Wohnung in N nicht berufsbedingt nutzte.

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bb) Es stellt sich insoweit die Frage, ob die Regelung, nach der vergleichbare verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Personen von § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG erfasst werden, während eine aus einer Mutter und einem zunächst minderjährigen und dann noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie nicht begünstigt wird, mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist.


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