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Grundsatz der unteilbaren Mitgliedschaft eines Personengesellschafters (BFH II R 42/08)


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II.
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Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG zu gewähren.


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1. Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG kommen die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der Vorschrift in Betracht für inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dabei sind die genannten Steuervergünstigungen nur zu gewähren, wenn das von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen als auch beim neuen Rechtsträger den Tatbestand des Abs. 4 Nr. 1 der Vorschrift erfüllt (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 10. Dezember 2008 II R 34/07, BFHE 224, 144, BStBl II 2009, 312, sowie vom 14. Februar 2007 II R 69/05, BFHE 215, 533, BStBl II 2007, 443).

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a) Dass das Vermögen auch beim Erwerber den Anforderungen des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG genügen muss, ergibt sich nicht nur aus dem Begünstigungszweck der Norm in Verbindung mit den Nachversteuerungstatbeständen des Abs. 5 der Vorschrift, sondern auch aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Bevorzugung des Betriebsvermögens gegenüber anderen Vermögensarten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bedarf nämlich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung, wie sie der Gesetzgeber dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91 (BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671, unter C.I.2.b bb) entnommen hat. Das BVerfG hat aber die Milderung des Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen ausdrücklich auf solche Erwerber beschränkt, die den Betrieb „weiterführen“, „aufrechterhalten“ und „fortführen“. Diese Wortwahl zeigt, dass das BVerfG einen Erwerber im Blick hatte, bei dem das erworbene Vermögen Betriebsvermögen geblieben ist. Beim Erwerb eines Mitunternehmeranteils bedeutet „fortführen“, dass auch der Erwerber Mitunternehmer geworden sein muss (so BFH-Urteil in BFHE 224, 144, BStBl II 2009, 312, unter II.2.b).

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b) Ist der Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft bereits vor dem Erwerb Gesellschafter der Gesellschaft gewesen, geht der erworbene Anteil nach herkömmlicher Meinung in einer einheitlichen Mitgliedschaft mit der bisherigen Beteiligung des Erwerbers auf (vgl. dazu Koller in Koller/Roth/ Morck, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 6. Aufl. 2007, § 124 Rz 2, m.w.N.). Daraus wird abgeleitet, dass der Erwerber zwangsläufig Mitunternehmer auch bezüglich des in der einheitlichen Beteiligung aufgegangenen Hinzuerwerbs wird (so Jülicher in Deutsches Steuerrecht –DStR– 1998, 1977, 1978).

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Ob an dem Grundsatz der unteilbaren Mitgliedschaft eines Personengesellschafters auch dann noch festgehalten werden kann, wenn sich der Schenker einen Nießbrauch an dem zugewendeten Gesellschaftsanteil vorbehalten hat, ist jedoch fraglich. Zur Wahrung der Rechte des Nießbrauchers ist die Meinung im Vordringen, dass beim Erwerb eines nießbrauchsbelasteten Gesellschaftsanteils eine mehrfache Beteiligung des erwerbenden Gesellschafters zugelassen werden müsse (so Ulmer in Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Bd. 167, S. 103, 114; Kanzleiter in Freundesgabe für Willi Weichler, 1997, S. 50; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 45 I.2.b bb). Für den Erbenerwerb eines der Testamentsvollstreckung unterliegenden Gesellschaftsanteils durch einen zuvor schon an der Personengesellschaft Beteiligten hat bereits der Bundesgerichtshof ausgesprochen, die Testamentsvollstreckung verhindere die uneingeschränkte Vereinigung der bisher schon gehaltenen und der hinzuerworbenen Anteile (Beschluss vom 10. Januar 1996 IV ZB 21/94, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 1996, 110, unter II.2.b).

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c) Für die Anwendung des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG kann letztlich offen bleiben, ob auch beim Erwerb eines Gesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt von der Unteilbarkeit der Mitgliedschaft abzurücken ist; der Vorschrift ist nämlich nur Genüge getan, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt worden ist. Nur dann kann angenommen werden, der erworbene Gesellschaftsanteil habe im Sinne eines „Weiter- oder Fortführen des Betriebes“ durchgehend den Tatbestand des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfüllt. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Gesellschaftsanteils nur deshalb eine Mitunternehmerstellung zukäme, weil er bereits Gesellschafter der Personengesellschaft war, – d.h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft aufgrund der angenommenen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte. Dem BVerfG ging es nicht um die Sozialgebundenheit des (Betriebs-)Vermögens, das sich schon vor dem Erwerb des Betriebs bzw. hier des Gesellschaftsanteils in der Hand des Erwerbers befand (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 215, 533, BStBl II 2007, 443, unter II.2.b), sondern um die Sozialgebundenheit des übertragenen Vermögens. Hat der Gesellschaftsanteil beim Ãœbergang vom Schenker auf den Beschenkten seine Fähigkeit verloren, kraft eigener Beschaffenheit dem neuen Inhaber eine Mitunternehmerstellung zu vermitteln, fehlt es an einem durchgehend vorhandenen Gesellschaftsanteil i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG.

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2. Im Streitfall ist der für M bestellte Vorbehaltsnießbrauch so ausgestaltet, dass die Mitunternehmerstellung bezüglich des übertragenen Kommanditanteils bei M verblieben und insoweit nicht auf die Klägerin übergegangen ist. Damit fehlt es an einem durchgehend vorhandenen Gesellschaftsanteil, der als solcher eine Mitunternehmerinitiative vermittelt.

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Ein nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ausgestalteter Nießbrauch lässt die Mitunternehmerinitiative des Nießbrauchsbestellers nicht entfallen (so BFH-Urteil vom 1. März 1994 VIII R 35/92, BFHE 175, 231, BStBl II 1995, 241, 245). Im Streitfall haben aber die Vertragspartner über die Vorgaben des BGB hinaus bestimmt, dass die mit der übertragenen Beteiligung an der KG verbundenen „Stimm- und Verwaltungsrechte“ der M als Nießbraucherin zustehen sollen. Damit hat M sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur die Ausübung der nach ihrem anteiligen Festkapital zu ermittelnden Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten vorbehalten –solche Rechte stehen einem Kommanditisten ohnehin nur begrenzt zu–, sondern auch im Bereich der Grundlagengeschäfte (vgl. zur Stimmrechtsproblematik: Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Bd. 3, 2007, vor § 230 Rdnr. 21). Verfahren die Gesellschafter danach, ist dies ungeachtet der Gesellschaftsrechtslage zumindest gemäß § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung steuerrechtlich beachtlich, zumal die Klägerin aufgrund ihrer schon zuvor gehaltenen Kommanditbeteiligung an den Grundlagengeschäften mitwirken kann und muss. Sie ist durch den Stimmrechtsvorbehalt zugunsten der M nicht von der Mitwirkung an den Grundlagengeschäften ausgeschlossen. Die anderen vier stimmberechtigten Kommanditisten der KG haben dazu im Rahmen der erforderlichen Zustimmung zur schenkweisen Anteilsübertragung ihr Einverständnis erklärt.

Quelle: Bundesfinanzhof


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