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Garantiezusage eines Autoverkäufers als steuerpflichtige sonstige Leistung (BFH XI R 49/07)


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Dagegen sah der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) im Anschluss an eine Außenprüfung in der Garantiezusage eine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung. Er unterwarf diese Einnahmen mit Bescheiden vom 16. August 2000 als Entgelte der Umsatzsteuer und setzte diese für 1996 auf … DM, für 1997 auf … DM und für 1998 auf … DM fest.

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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es entschied, die von den Fahrzeugkäufern gezahlten Entgelte für die Garantie sowie die von X gewährten Provisionen seien umsatzsteuerfrei zu belassen und die unmittelbar damit zusammenhängenden Vorsteuerbeträge seien vom Abzug auszuschließen. Die Eigenreparatur der Fahrzeuge sei entgegen der Ansicht des FA nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Eine Kürzung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) in Bezug auf die für die Eigenreparaturen verwendeten Eingangsumsätze (Gemeinkosten, Ersatzteile) sei nicht vorzunehmen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 1973 veröffentlicht.

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Das FA macht mit der Revision im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des FG stelle sich aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Leistung des Verkäufers bei Abschluss der Garantie als ein einheitlicher Vorgang dar.

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Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1998 vom 16. August 2000 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 1996 auf … DM, für 1997 auf … DM und für 1998 auf … DM festgesetzt wird.

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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass das hier zu beurteilende „Kombinationsmodell“ aus Händlergarantie und Versicherungsschutz eine einheitliche Leistung („Gesamtpaket“) sei, bei der –wie im Einzelnen ausgeführt wird– die Verschaffung von Versicherungsschutz prägend sei.

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Nur diese Lösung sei systemgerecht und vermeide entsprechend dem Zweck des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG, dass die Leistung des Garantiepakets im „Kombinationsmodell“ im Gegensatz zur „reinen Händlergarantie“ und im Gegensatz zum „reinen Versicherungsmodell“ sowohl mit Umsatzsteuer als auch mit Versicherungsteuer belastet werde.

II.
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Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß dem Revisionsbegehren des FA (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

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Die Umsätze aus den Garantiezusagen des Klägers sind entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der darauf gestützten Auffassung des FG steuerpflichtig.

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1. Zu den im Streitfall einschlägigen „Garantiebedingungen B 196“ hat der V. Senat des BFH in dem Urteil vom 16. Januar 2003 V R 16/02 (BFHE 201, 343, BStBl II 2003, 445) entschieden, dass die entgeltliche Garantieleistung des Autoverkäufers keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung sei. Dieser Auffassung schließt sich –wie bereits das FA im Klageverfahren– der erkennende Senat an.

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2. Der V. Senat des BFH hat in dem zitierten Urteil die Würdigung der Vorinstanz, die Leistungen des Händlers seien nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei, soweit dieser sich verpflichtet habe, die Reparatur an den Fahrzeugen selbst vorzunehmen, nicht beanstandet. Er hat ausgeführt, dass die Garantieleistungen, denen die „Garantiebedingungen B 196“ zugrunde liegen, „jedenfalls nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG und/oder nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG“ steuerfrei seien (unter II.1. der Gründe). An dieser Auffassung kann nicht mehr festgehalten werden.

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a) Die Rechtsauffassung des V. Senats des BFH, es liege eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG vor, ist durch das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 19. April 2007 Rs. C-455/05 –Velvet & Steel Immobilien– (Slg. 2007, I-3225, BFH/NV Beilage 2007, 294) überholt.

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aa) Nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei „die Ãœbernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze“.

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Soweit der Kläger sich gegen Zahlung einer Prämie verpflichtet hat, innerhalb der Garantielaufzeit die erforderliche fachgerechte Reparatur durch Ersatz oder Instandsetzung des Bauteils selbst durchzuführen, handelt es sich zwar um einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungsaustausch.

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Der weitere Tatbestand des § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG ist jedoch nicht erfüllt. Denn diese Vorschrift „beruht“ auf Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer „die Vermittlung und die Ãœbernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber“.

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Zu dieser Bestimmung hat der EuGH in der Rechtssache Velvet & Steel Immobilien in Slg. 2007, I-3225, BFH/NV Beilage 2007, 294 entschieden, der Begriff der „Ãœbernahme von Verbindlichkeiten“ sei dahin auszulegen, dass er andere als Geldverbindlichkeiten, wie die Verpflichtung, eine Immobilie zu renovieren, vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausschließe. Es stehe fest, dass es sich bei allen in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Umsätzen ihrer Art nach um Finanzdienstleistungen handele. Dasselbe gelte für die anderen Umsätze, auf die in Art. 13 Teil B Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG hingewiesen werde (vgl. Randnr. 22 des Urteils). Die Ãœbernahme der Verpflichtung zur Renovierung einer Immobilie falle daher nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung.



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