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Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes (BFH I R 4/09)


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Aus ähnlichen Erwägungen heraus wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass im Anschluss an die Verschmelzung einer Holdinggesellschaft auf ihre einzige Tochtergesellschaft der Betrieb „Halten der Beteiligung“ von der Ãœbernehmerin nicht i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. fortgeführt werden könne (z.B. Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG vor SEStEG Rz 92; Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 635.1; a.A. wohl Rödder, Finanz-Rundschau –FR– 1999, 1, 13). Dem schließt sich der Senat im Grundsatz an. Ob in bestimmten Fällen eine abweichende Beurteilung veranlasst ist (vgl. dazu z.B. Wochinger, FR 1999, 1, 13), muss im Streitfall nicht erörtert werden. Im Ergebnis ist jedenfalls unter den vom FG festgestellten Umständen nicht anzunehmen, dass die Klägerin den Betrieb der B-GmbH fortgeführt habe.


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b) Ebenso lässt sich eine Betriebsfortführung i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. nicht daraus ableiten, dass im Zuge der Verschmelzung die B-GmbH in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der Klägerin von B abgelöst worden ist. Die Revision weist zwar zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Senats ein Ãœbergang des Verlustabzugs nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. auch dann in Betracht kommt, wenn der Betrieb des verschmolzenen Rechtsträgers von einem nicht an der Verschmelzung beteiligten Unternehmen fortgeführt wird (Senatsurteil vom 27. Mai 2009 I R 94/08, BFHE 225, 131). Dieser Grundsatz greift aber im Streitfall nicht ein.

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In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Ãœbernahme der unmittelbaren Gesellschafterstellung durch B als „Fortführung des Betriebs“ der B-GmbH angesehen werden könnte. Denn der Ãœbergang des Verlustabzugs nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. hängt jedenfalls davon ab, dass der Verlustbetrieb zu irgendeinem Zeitpunkt auf das aufnehmende Unternehmen übergegangen ist. Deshalb ist es zwar unschädlich, wenn jenes Unternehmen den Betrieb in der Folge veräußert und der Erwerber ihn sodann bis zum Ende des maßgeblichen Zeitraums fortführt. Ein Verlustabzug geht aber nicht auf das aufnehmende Unternehmen über, wenn dieses zu keiner Zeit den Verlustbetrieb erwirbt, sondern der Verlustbetrieb unmittelbar von einem anderen Rechtsträger übernommen wird. Anderenfalls könnte der Verlustabzug ohne den Verlustbetrieb erworben werden, was nicht mit dem Zweck des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. vereinbar wäre, einen „Handel“ mit Verlustabzügen zu verhindern (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 225, 131). Bei einer „Abwärtsverschmelzung“ erwirbt indessen der bisherige Gesellschafter der Muttergesellschaft die Anteile an der Tochtergesellschaft unmittelbar und ohne Durchgangserwerb seitens der Tochtergesellschaft (Mayer in Widmann/Mayer, a.a.O., § 5 UmwG Rz 38; Wassermeyer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht –JbFfSt– 1996/1997, S. 381; Widmann, JbFfSt 1996/1997, S. 384; Lutter, Umwandlungsgesetz, 4. Aufl., § 20 Rz 57, m.w.N.). Daher läge, selbst wenn B den Betrieb der B-GmbH nach der Verschmelzung fortgesetzt hätte, jedenfalls kein zwischenzeitlicher Ãœbergang dieses Betriebs auf die Klägerin vor. Mithin ist ein Ãœbergang des Verlustabzugs auf die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt ausgeschlossen.

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c) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass in der hier vorliegenden Situation der „Abwärtsverschmelzung“ die stillen Reserven im Vermögen der bisherigen Muttergesellschaft im Anschluss an die Verschmelzung bei der aufnehmenden Tochtergesellschaft steuerverhaftet sind und dass deshalb eine steuerneutrale Ausgestaltung des Vorgangs nicht zu einem endgültigen Verlust von Steuersubstrat führt (so aber Rödder/Sedemund, Die Unternehmensbesteuerung 2009, 435, 436). Denn das Gesetz stellt nicht auf die Gefährdung des steuerlichen Zugriffs auf stille Reserven, sondern einerseits auf den Ãœbergang des Verlustbetriebs auf den übernehmenden Rechtsträger und andererseits auf die konkrete Fortführung des Verlustbetriebs ab. Diese Vorgabe kann durch die allgemeine Ãœberlegung, dass dem Steuergläubiger durch eine „Abwärtsverschmelzung“ kein endgültiger Schaden entstehe, nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Auf die weitere Frage, ob tatsächlich in allen Fällen der „Abwärtsverschmelzung“ ein systemwidriger Verlust von Besteuerungssubstrat zuverlässig ausgeschlossen werden kann, muss angesichts dessen im Streitfall nicht eingegangen werden.


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d) Schließlich kann der verbleibende Verlustabzug der B-GmbH nicht allein deshalb bei der Besteuerung der Klägerin berücksichtigt werden, weil die in Rede stehende Verschmelzung nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin von wirtschaftlich vernünftigen Erwägungen getragen war. Denn auch wenn die in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. getroffene Regelung auf die Verhinderung eines vom Gesetzgeber als missbräuchlich angesehenen „Verlusthandels“ abzielt, folgt daraus nicht, dass die Anwendung der Vorschrift vom Vorliegen einer konkret missbräuchlichen Gestaltung abhängt. Vielmehr geht, wenn die Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. nicht erfüllt sind, ein bei der übertragenden Gesellschaft entstandener Verlustabzug unabhängig vom wirtschaftlichen Hintergrund der Verschmelzung nicht auf die Ãœbernehmerin über. Ob dieses Ergebnis unter bestimmten Voraussetzungen im Billigkeitswege korrigiert werden darf oder muss, kann im Streitfall dahinstehen, da über Billigkeitsmaßnahmen im Steuerfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden ist.

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3. Im Ergebnis ist mithin der verbleibende Verlustabzug der B-GmbH in dem angefochtenen Bescheid zu Recht nicht berücksichtigt worden. Anderweitige Rechtsfehler des Bescheids sind weder von der Revision geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Das FG hat den Bescheid daher zutreffend bestätigt, weshalb die Revision gegen sein Urteil insoweit unbegründet ist.

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4. Im Hinblick auf den Bescheid zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes hat die Revision hingegen Erfolg.

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a) Nach § 19 Abs. 2 UmwStG 1995 in seiner ursprünglichen Fassung (a.F.) wird im Fall der Verschmelzung in Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft i.S. des § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Körperschaft gekürzt (Satz 1); vorausgesetzt ist, dass die übertragende Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt hatte (Satz 2). Diese Vorschrift ist, was den Ãœbergang des vortragsfähigen Gewerbeverlustes angeht, im Streitfall maßgeblich. Sie ist zwar durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) dahin geändert worden, dass sie nunmehr u.a. auf die in § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 n.F. genannten Voraussetzungen verweist. Die Neufassung ist aber erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 anzuwenden (§ 27 Abs. 4a UmwStG 1995 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002) und greift daher im Streitfall nicht ein.


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