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BFH VII R 4/08 – Rückforderung berichtigter Vorsteuer gegenüber dem Zessionar


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1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus Ziff. 4 Buchst. c des Geschäftsverteilungsplans des BFH. Danach ist der VII. Senat für Streitigkeiten über Bescheide im Erhebungsverfahren, u.a. bei Rückforderungsbescheiden zuständig, außer wenn zugleich die Steuerfestsetzung streitig ist. Dieser Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

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2. Ist eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 AO).

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a) Zu den Steuervergütungen gehören auch die Ansprüche aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen März, Mai, Juni und Juli 2004. Da diese Ansprüche unstreitig (teilweise) an die Klägerin abgetreten und an sie ausgezahlt bzw. mit ihren Steuerschulden verrechnet worden sind, richtet sich der Rückzahlungsanspruch, sofern und soweit er besteht, gegen sie als Abtretungsempfängerin (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 2007 VII R 17/06, BFHE 217, 241, BStBl II 2007, 738, m.w.N.).

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b) Der rechtliche Grund für die Auszahlung der Steuervergütung ist regelmäßig der der Zahlung zugrunde liegende Steuerbescheid (§ 218 Abs. 1 AO). Für die Leistungen des FA an die Klägerin waren das die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der KG für März, Mai, Juni und Juli 2004, in denen jeweils den Abtretungsbetrag tragende Vergütungsansprüche ausgewiesen waren. Diese Voranmeldungen stehen nach der –in der Auszahlung liegenden– Zustimmung durch das FA Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V.m. 164 Abs. 1 AO –Vorbehaltsfestsetzungen–).

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c) Ob der rechtliche Grund für die Auszahlung der Steuervergütungen nachträglich entfallen ist, wie es § 37 Abs. 2 Satz 2 AO voraussetzt, lässt sich anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.

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aa) Allerdings sind die Vorbehaltsfestsetzungen im Streitfall weder durch Aufhebung bzw. Änderung rückwirkend weggefallen noch ist die Korrektur in einem Umsatzsteuerjahresbescheid für 2004 vorgenommen worden, der unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Erledigung der Voranmeldungen „auf andere Weise“ i.S. des § 124 Abs. 2 AO führen kann (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370).

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bb) Nach den Feststellungen des FG hat das FA aber in der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem die in den Voranmeldungszeiträumen März, Mai, Juni und Juli 2004 begründeten Forderungen der Klägerin gegen die KG uneinbringlich geworden sind (Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG im April 2005), die förmliche Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgenommen.

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(1) Für diesen Fall einer berichtigenden Steuerfestsetzung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1999 (bzw. § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG 2005) in der im Streitfall maßgeblichen Fassung des Art. 5 Nr. 14 des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310, BGBl I 2005, 386) hat der Senat bereits entschieden, dass der umsatzsteuerlichen Rückabwicklung eines bestimmten Vorgangs durch die Berichtigung eine vergleichbare Wirkung zukommt, wie dem Jahressteuerbescheid, der die Feststellungen der Voranmeldungen in sich aufnimmt oder sie hinsichtlich zu Unrecht in Anspruch genommener Vorsteuern korrigiert (Senatsurteil in BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562).

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(2) Hieran hält der Senat fest. Er folgt nicht der Auffassung, die der V. Senat des BFH in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vertreten hat (BFHE 214, 467, BStBl II 2007, 415), ohne dass es deswegen einer Vorlage der Sache an den Großen Senat des BFH bedürfte (BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 25/96, BFHE 183, 33, BStBl II 1997, 714).

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Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wird dem nach vereinbarten Entgelten besteuerten Unternehmer, dem die Rechnung gestellt wurde, unter dem stillschweigenden Vorbehalt gewährt, dass der Umsatz tatsächlich ausgeführt wird. Führt der Vorsteuerabzug zu einer Steuervergütung, so steht diese –unausgesprochen– unter der auflösenden Bedingung, dass der Unternehmer das der Steuerberechnung zugrunde gelegte Entgelt später tatsächlich an den Lieferanten zahlt. Deshalb hat der Senat den Anspruch, dass dem Steuerpflichtigen eine Steuer zu erstatten oder zu vergüten oder in anderer Weise wieder gutzubringen ist, als eine im Zeitpunkt der Steuerentstehung aufschiebend bedingt begründete Forderung unabhängig von der Art des die Erstattung bzw. Vergütung auslösenden Ereignisses angesehen, insbesondere bei Uneinbringlichwerden des Entgelts für eine umsatzbesteuerte Leistung (vgl. Senatsurteil vom 4. August 1987 VII R 11/84, BFH/NV 1987, 707, und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2005 VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369). Der Senat hat in diesem Zusammenhang der steuertechnischen Frage keine Bedeutung beigemessen, ob das betreffende Ereignis als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu einer Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung und zu einem Erstattungsanspruch führt oder wie in den Fällen des § 17 UStG zu einem steuerverfahrensrechtlich selbständigen Anspruch, der jedoch gleichsam kompensatorischen Charakter hat, indem er die ursprünglich vorgenommene Besteuerung ausgleicht und die damals für ein bestimmtes Ereignis erhobene Steuer aufgrund eines späteren, entgegengesetzten Ereignisses zurückführt (Senatsurteil vom 17. April 2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589; vgl. auch Senatsurteile vom 4. Februar 2005 VII R 20/04, BFHE 209, 13, und in BFH/NV 1987, 707).



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