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BFH IX R 1/09 – Steuerwirksame Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung – Zufluss von nicht laufend gezahltem Arbeitslohn


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II.
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Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zutreffend hat das FG entschieden, dass die Abfindung der Klägerin in Höhe des Teilbetrags von 51.000 DM erst im Januar 2001 mit der Auszahlung zugeflossen ist.

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1. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nicht laufend gezahlter Arbeitslohn ist in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Der Zufluss ist zu bejahen, sobald der Steuerpflichtige über den Arbeitslohn wirtschaftlich verfügen kann. Die Fälligkeit eines Anspruchs allein –vor seiner Erfüllung– führt noch nicht zu einem gegenwärtigen Zufluss. Entscheidend ist allein der uneingeschränkte, volle wirtschaftliche Ãœbergang des geschuldeten Gutes oder das Erlangen der wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis darüber. Hierfür genügt es auch vor der Realisation des Leistungserfolgs, dass der Gläubiger ohne weiteres Zutun des Schuldners die Möglichkeit hat, den Leistungserfolg herbeizuführen (allgemeine Meinung, vgl. Offerhaus, Steuer und Wirtschaft –StuW– 2006, 317, 318, 320, m.w.N.).

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Grundsätzlich können Gläubiger und Schuldner einer Geldforderung im Rahmen der zivilrechtlichen Gestaltung des Erfüllungszeitpunkts auch die steuerrechtliche Zuordnung der Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum gestalten (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 2/80, BFHE 145, 507, BStBl II 1986, 284; Offerhaus, a.a.O., 321). Ist es den Beteiligten etwa möglich, von vornherein die Zahlung einer Abfindung für die Auflösung eines Dienstverhältnisses auf einen anderen Zeitpunkt als den der Auflösung des Dienstverhältnisses zu terminieren, der für sie steuerlich günstiger scheint, so kann es ihnen auch nicht verwehrt sein, die vorherige Vereinbarung –jedenfalls vor der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit– im Einvernehmen und beiderseitigem Interesse wieder zu ändern (Offerhaus, a.a.O., 321). Rechtsmissbrauch (§ 42 AO) kommt in derartigen Fällen regelmäßig nicht in Betracht.

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2. Nach diesen Grundsätzen ist der zweite Abfindungsteilbetrag von 51.000 DM der Klägerin nicht bereits im Jahr 2000, sondern erst im Januar 2001 zugeflossen.

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Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass durch das Hinausschieben der Fälligkeit des zweiten Abfindungsteilbetrags die Klägerin nicht über diesen selbst wirtschaftlich verfügt hat.

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Ohne Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze hat das FG angenommen, dass der Abfindungsanspruch der Klägerin in Höhe von 51.000 DM beim Ausscheiden der Klägerin aus ihrem ursprünglichen Arbeitsvertrag zum Ablauf des 14. November 2000 bereits mit einer Fälligkeitsbestimmung auf den Januar 2001 entstanden ist. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG die Unterschrift der Klägerin auf dem dreiseitigen Vertrag vom 31. Oktober 2000 sowie die vorangegangene Unterschrift der alten Arbeitgeberin am 17. Oktober 2000 hinsichtlich der Fälligkeitsbestimmung für maßgeblich erachtet hat. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung sollte die Abfindung von der A GmbH an ihre Mitarbeiterin abgerechnet und ausbezahlt werden. Damit wurde der Abfindungsteilbetrag im Jahr 2000 nicht fällig. Entsprechend konnte auch die Fälligkeitsvereinbarung vor Entstehung der Forderung nicht als Disposition über die Forderung als solche auszulegen sein.

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Der finanzgerichtlichen Würdigung der Vertragsgestaltung steht auch nicht eine etwaige Vorrangigkeit der Fälligkeitsregelung im Sozialplan entgegen. Zwar gelten Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes unmittelbar und zwingend. Jedoch gilt nach allgemeiner Meinung zwischen Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Regelung grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 2004 1 AZR 148/03, BAGE 109, 244; Berg in Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, 11. Aufl., § 77 Rz 19, m.w.N.). Diese Günstigkeit der einzelvertraglich vereinbarten Fälligkeit ergibt sich im Streitfall aus der von der Klägerin als Arbeitnehmer intendierten günstigen steuerrechtlichen Auswirkung.

Quelle: Bundesfinanzhof



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