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BFH IV R 40/07 – Keine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach versäumter Beteiligung nach § 174 Abs. 5 AO


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Am 6. Dezember 2004 bat das FA das FA W um Ãœbersendung geänderter Mitteilungen. Es wurde ferner um Mitteilung gebeten, ob und wann der Organträger gemäß Â§ 174 AO zu den Rechtsbehelfsverfahren der GmbH hinzugezogen worden sei. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 teilte das FA W mit, die geänderten Körperschaftsteuerbescheide der GmbH datierten vom 30. Juli 2004. Eine Hinzuziehung gemäß Â§ 174 AO sei nicht erfolgt, da die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO vorlägen und somit die Änderung auch gegenüber Dritten ohne Einhaltung der nur für die Änderung nach § 174 Abs. 4 AO erforderlichen Voraussetzungen des § 174 Abs. 5 AO zulässig sei. Am 12. Januar 2005 unterrichtete das FA die Klägerin, dass es beabsichtige, die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung dahin zu ändern, dass das Einkommen der Organgesellschaft bei der Klägerin berücksichtigt werde.


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Auf den Einwand der Klägerin, dass keine Rechtsgrundlage für eine Änderung ersichtlich sei, vertrat das FA die Auffassung, es habe das ausdrückliche Einverständnis der Klägerin bestanden, bei Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft die Erträge der GmbH steuerlich bei der Klägerin als Organträger zu erfassen. Daran sei die Klägerin nach Treu und Glauben gebunden, so dass die Bescheide gemäß Â§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO aufgrund vorliegender Zustimmung zu ändern seien. Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass einer solchen Änderung nicht zugestimmt werde und dass ihre Einspruchsbegründung auch keine Vorauseinwilligung zur Änderung enthalte. Aus der Bindung an Treu und Glauben könne kein Zwang abgeleitet werden, eine Berichtigungsfeststellung zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu dulden, für die ohne dessen Einspruch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt wären.

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Am 13. Mai 2005 erließ das FA einen auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützten geänderten Feststellungsbescheid 1993, in dem die Einkünfte der Klägerin erneut einschließlich der Einkünfte der GmbH festgestellt wurden. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1919 veröffentlichten Gründen statt.

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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

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Es beantragt sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.


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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das FA den Feststellungsbescheid 1993 vom 20. Dezember 2001 nicht mehr durch den angefochtenen Änderungsbescheid vom 13. Mai 2005 ändern durfte.

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1. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO lagen –wie das FG zutreffend erkannt hat– nicht vor.

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Nach dieser Vorschrift darf ein Steuerbescheid, soweit er –wie im Streitfall– nicht (mehr) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, zuungunsten des Steuerpflichtigen nur geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird.

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a) Das FG hat offengelassen, ob die Klägerin im Rahmen ihres Einspruchsschreibens vom 17. Januar 2002 einen Antrag i.S. von § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestellt oder eine Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift –die Grenzen zum „Antrag“ sind fließend (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 172 AO Rz 22)– erteilt hat. Allerdings neigt auch der erkennende Senat zu der Auffassung, dass es eher ungewöhnlich ist, neben dem Einspruchsverfahren einen Antrag nach § 172 AO zu stellen, und dass deshalb in diesem Fall besondere und eindeutige Umstände gegeben sein müssen, um von der Existenz eines solchen Antrags ausgehen zu können (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. November 2001 XI R 14/00, BFH/NV 2002, 745). Jedenfalls ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass –einen entsprechenden Antrag bzw. eine Zustimmung unterstellt– die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. November 2004 erklärt hat, nicht nur ihren Einspruch, sondern auch diesen Antrag zurücknehmen bzw. die darin erklärte Zustimmung widerrufen zu wollen. Willenserklärungen sind grundsätzlich Gegenstand der tatsächlichen Feststellung. Die Würdigung einer Willenserklärung durch das FG kann der BFH nur daraufhin überprüfen, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln (z.B. §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) beachtet und nicht gegen Denkgesetze (Gesetze der Logik) und Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 745, m.w.N.). Ein solcher revisionsrechtlich beachtlicher Verstoß ist jedoch im Streitfall nicht ersichtlich und wird auch vom FA nicht vorgetragen.


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