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BFH II R 66/07 Anspruch natürlicher Personen auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke – Vorsteuerabzug


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Das vom FA ferner angeführte EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C-73/06, Planzer Luxembourg Sarl (Slg. 2007, I-5655, BFH/NV 2007, Beilage 4, 418) ist nicht einschlägig. Es betrifft die Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung nach Art. 3 Buchst. b und Art. 9 Abs. 2 der Achten Richtlinie des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 79/1072/EWG (in Deutschland: § 61 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) und den Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 86/560/EWG.

2. Das FG hat das FA danach zu Recht verpflichtet, dem Kläger eine Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke zu erteilen. Der Kläger hat durch die Gewerbeanmeldung bei der Handwerkskammer und die Angaben im Fragebogen zur Betriebseröffnung ernsthaft seine Absicht bekundet, eine selbständige gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Aus den vom FG getroffenen Feststellungen und den Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung und im gerichtlichen Verfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Antrag des Klägers, ihm eine Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen, bezogen auf die Umsatzsteuer offensichtlich missbräuchlich ist. Auf die Frage, ob der Kläger tatsächlich als Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) oder gemäß Â§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig tätig geworden ist, kommt es nicht an (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil vom 25. Juni 2009 V R 37/08, BFH/NV 2009, 1749, m.w.N.).

Mit der Weigerung, dem Kläger die beantragte Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erteilen, hat das FA ohne gesetzliche Grundlage in den Schutzbereich der dem Kläger zustehenden Grundrechte eingegriffen. Für Deutsche und für inländische juristische Personen des Privatrechts gilt insoweit das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes –GG– (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1004). Ob dem Kläger als polnischem Staatsangehörigen über den Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG hinaus dieses Grundrecht aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Anforderungen ebenfalls zusteht, kann auf sich beruhen (vgl. dazu Di Fabio in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 2 Abs. 1 Rz 35; Scholz in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 12 Rz 105; Mann in Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 12 Rz 34 f.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, 10. Aufl., Art. 12 Rz 10 und Art. 19 Rz 12; Wieland in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl., Art. 12 Rz 72; Manssen in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, 5. Aufl., Art. 12 Abs. 1 Rz 265; Umbach in Umbach/ Clemens, Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Art. 12 Rz 65). Jedenfalls genießt der Kläger den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 10. Mai 1988 1 BvR 482/84 u.a., BVerfGE 78, 179, 196 f.; BVerfG-Urteil vom 15. Januar 2002 1 BvR 1783/99, BVerfGE 104, 337, 345 f.).

Quelle: Bundesfinanzhof.de



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