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BFH I R 4/08 Abzinsung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen – eigenkapitalersetzende Darlehen als Fremdkapital


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Das gilt unabhängig davon, ob das Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzend i.S. des § 32a des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der für die Streitjahre geltenden Fassung anzusehen ist. Auf diese –vom FG nicht erörterte– Frage muss deshalb im Streitfall nicht eingegangen werden. Der BFH hat zwar in einer Entscheidung für „fraglich“ erachtet, ob § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG auf eigenkapitalersetzende Darlehen anwendbar oder ob insoweit eine teleologische Reduktion der Vorschrift geboten ist (BFH-Urteil vom 10. November 2005 IV R 13/04, BFHE 211, 294, 304, BStBl II 2006, 618, 623). Die damit ausgedrückten Zweifel teilt der erkennende Senat jedoch nicht (ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 699, Tz. 21). Vielmehr muss auch insoweit der Gedanke durchgreifen, dass eigenkapitalersetzende Darlehen aus steuerrechtlicher ebenso wie aus zivilrechtlicher Sicht für die Kapitalgesellschaft Fremdkapital darstellen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BFHE 191, 347, 349, BStBl II 2000, 347, 348; vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BFHE 197, 483, 489, BStBl II 2002, 733, 736; Senatsbeschluss vom 16. Mai 2001 I B 143/00, BFHE 195, 351, BStBl II 2002, 436, 437). Eine Gleichstellung der Darlehensgewährung mit der Zuführung von Eigenkapital kommt nur dann in Betracht, wenn die Darlehensgewährung in einer Weise ausgestaltet ist, dass sie sich nach den Grundsätzen des Zivilrechts als Zuführung von Eigenkapital („gesplittete Einlage“) darstellt (BFH-Urteil vom 7. April 2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598; Wacker in Schmidt, a.a.O., § 15a Rz 91, m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass im Streitfall eine solche Gestaltung vorliegt, sind weder dem angefochtenen Urteil noch dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen.

5. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG teilt der Senat nicht. Es trifft zwar zu, dass unentgeltliche Leistungen des Gesellschafters zu Gunsten „seiner“ Gesellschaft für diese im Allgemeinen nicht unmittelbar gewinnwirksam werden. Doch ist es vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, wenn dieser eine Regelung schafft, die im Fall der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens zunächst zu einer –im weiteren Verlauf durch Aufzinsungen kompensierten– Erhöhung des Gewinns der Kapitalgesellschaft führt. Die Abzinsung von Darlehen für Zwecke der Besteuerung ist als solche weder sachwidrig noch unverhältnismäßig; sie dient vielmehr der Verteilung des Zinsaufwands nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Zuordnung (Groh, DB 2007, 2275, 2277). Zu einer Ausnahmeregelung in Bezug auf Gesellschafterdarlehen war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, zumal der in diesem Fall eintretende vorzeitige Gewinnausweis (dazu erneut Groh, DB 2007, 2275, 2277) durch die Vereinbarung einer Verzinsung vermieden werden kann. Im Streitfall muss nicht abschließend erörtert werden, ob dieser Effekt von der Höhe des Zinssatzes abhängt oder nicht; selbst wenn man das verneint (so z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 699, Tz. 13), lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, dass die Rechtsfolge des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG allzu leicht zu umgehen sei und die Vorschrift daher gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstoße. Soweit die Klägerin schließlich darauf hinweist, dass bei im Zeitablauf wechselnden Steuersätzen der zunächst entstehende Abzinsungsgewinn ggf. nicht vollständig durch den später anfallenden Aufzinsungsverlust ausgeglichen werde, beruht dieser Effekt auf dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (Senatsurteil vom 31. Juli 1990 I R 62/86, BFHE 161, 570, 573, BStBl II 1990, 1083, 1085) Grundsatz der Abschnittsbesteuerung.

6. Die Abzinsung des der Klägerin gewährten Gesellschafterdarlehens ist mithin dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Bei der Berechnung des Abzinsungsbetrags hat das FG eine Darlehenslaufzeit von sieben Jahren unterstellt. Diese Annahme beruht nicht nur auf einer Verständigung zwischen der Klägerin und der zuständigen Finanzbehörde, sondern ist auch in der Sache jedenfalls nicht zum Nachteil der Klägerin rechtsfehlerhaft. Der Senat verzichtet auf weitere Ausführungen dazu, da die Klägerin das Urteil des FG insoweit nicht beanstandet hat. Im Ergebnis verletzt die angefochtene Entscheidung die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, weshalb die gegen sie gerichtete Revision unbegründet ist.

7. Ohne Erfolg bleibt schließlich der Hinweis der Revision, dass die Finanzverwaltung sich erst mehrere Jahre nach dem Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu den aus der Vorschrift erwachsenden Fragen geäußert habe (BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 699) und dass bei einem früheren Bekanntwerden der Verwaltungsansicht Rechtsnachteile ohne Schwierigkeiten durch die Vereinbarung einer geringfügigen Verzinsung hätten vermieden werden können. Denn das Fehlen einer zeitnahen Verwaltungsäußerung kann kein Grund sein, die Vorschrift in einem für die Klägerin günstigen Sinne auszulegen.

Quelle: Bundesfinanzhof



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