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Besteuerung von Abfindungszahlungen


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Ãœberwiegend (s. z.B. Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 25 Rz 154, 166; Vogel, daselbst, Einl. Rz 109, 200 f.; Lüthi in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 25 OECD-MA Rz 94; Gosch in Lüdicke [Hrsg.], Wo steht das deutsche Internationale Steuerrecht?, 2009, S. 130 ff., 134; Schmitz in Strunk/ Kaminski/Köhler, Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 25 OECD-MA Rz 64; Eilers in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 25 MA Rz 61; Frotscher, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 209 f.; Ismer, Internationales Steuerrecht –IStR– 2009, 366; O. Schmidt in Haase, Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 15 Rz 51 ff.; Becker, daselbst, Art. 25 Rz 42; Kopf in Lang/Jirousek [Hrsg.], Praxis des Internationalen Steuerrechts, Festschrift Loukota, 2005, S. 253, jeweils m.w.N.) wird angenommen, dass zwischen der (völkerrechtlichen) Bindung gegenüber dem anderen Vertragsstaat, der Bindung innerstaatlicher Rechtsanwendungsorgane und der Selbstbindung der die Verständigungsvereinbarung abschließenden und der ihnen nachgeordneten Behörden zu unterscheiden ist.


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Innerstaatliche Wirkungen kann eine solche Vereinbarung für die rechtsanwendenden Organe, also vor allem die Rechtsprechung, nur nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Vorgaben des einzelnen Vertragsstaats entfalten. Das kann im Einzelfall ihre unmittelbare Wirksamkeit zur Folge haben. Es kann aber auch, wie im Regelfall in Deutschland, voraussetzen, dass die Vereinbarung zunächst nach den Grundsätzen des einschlägigen Verfassungsrechts in einfaches Gesetzesrecht transformiert werden muss (vgl. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes –GG–). Andernfalls bleibt es bei der Letztverbindlichkeit des Abkommens in seiner in diesem Sinne in nationales Recht umgesetzten Fassung. Diese Fassung allein ist vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalts (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Abkommensauslegung maßgeblich. Denn aus innerstaatlicher Sicht handelt es sich bei der nicht transformierten Verständigungsvereinbarung der beteiligten Finanzverwaltungen lediglich um ein Verwaltungsabkommen und damit der Rechtsnatur nach um eine Verwaltungsvorschrift, die nicht auf einer ihrerseits demokratisch legitimierten Rechtsverordnung i.S. von Art. 80 Abs. 1 GG beruht und die deswegen nicht geeignet ist, positives Recht in verbindlicher Weise zu verändern. In Einklang mit diesen Vorgaben hat der Senat bereits durch seine Urteile vom 1. Februar 1989 I R 74/86 (BFHE 157,39, BStBl II 1990, 4) sowie vom 10. Juli 1997 I R 4/96 (BFHE 181, 158, BStBl II 1997, 15) entschieden. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, davon abzurücken.

cc) Das schließt es nicht aus, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in der Verständigungsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen; es gilt der Grundsatz der Entscheidungsharmonie. In Einklang damit stehen die Grundsätze zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Ãœbereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 –WÃœRV– (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757):


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Ein Vertrag ist danach nach Treu und Glauben in Ãœbereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen. Außer dem bei der Auslegung zu berücksichtigenden und in Art. 31 Abs. 2 WÃœRV näher beschriebenen systematischen „Zusammenhang“ sind nach Art. 31 Abs. 3 WÃœRV in gleicher Weise zu berücksichtigen: a) jede spätere Ãœbereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrages oder die Anwendung seiner Bestimmungen sowie b) jede spätere Ãœbung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die Ãœbereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht. So gesehen kann ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame „Ãœbung“ der beteiligten Finanzverwaltungen für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein (s. z.B. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 I R 81/04, BFHE 215, 237, sowie I R 18/04, BFH/NV 2007, 875, beide zu leitenden Angestellten als sog. Grenzgänger im Sinne des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 –DBA-Schweiz 1971–), das aber immer nur insofern, als sie sich aus dem Wortlaut des Abkommens ableiten lassen (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97). Auch diese Grundsätze erzwingen eine Regelungsauslegung also immer nur nach Maßgabe des Abkommenswortlauts; dieser stellt in abschließender Weise die „Grenzmarke“ für das „richtige“ Abkommensverständnis dar.

Daran scheitert im Streitfall die vom FA und vom BMF verfochtene Auslegung: Der Abkommenstext ist aus Sicht des erkennenden Senats aus den beschriebenen Gründen hinreichend eindeutig. Wenn eine Staatenpraxis dennoch wechselseitig von der bisherigen Abkommensauslegung abweicht, so wird dadurch nicht eine Auslegung, die insbesondere auf dem Abkommenswortlaut gründet, bestätigt. Vielmehr läuft dies auf eine –für den Steuerpflichtigen steuerverschärfende und damit (ggf. und so auch im Streitfall überdies rückwirkend) belastende– Abkommensänderung hinaus und ist es allein aus dem bilateralen Bemühen zu erklären, etwaigen Nichtbesteuerungen der betreffenden Abfindungen vorzubeugen. Die Umsetzung dieses Bemühens mag (unbeschadet des Abkommensprinzips der nur virtuellen Doppelbesteuerung) gerechtfertigt und vor allem in der abkommensrechtlich (in Art. 25 Abs. 3 DBA-Belgien) vereinbarten Bekundung angelegt sein, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie kann vor dem Hintergrund des Abkommenstextes indes aus deutscher Sicht nur gelingen, wenn die „spätere Ãœbung“ oder „Ãœbereinkunft“ in positives und mit dem Abkommen gleichrangiges Recht erhoben wird. Es gilt erneut der verfassungsrechtliche Gesetzesvorbehalt. Auf der Basis einer bloßen Verwaltungsvereinbarung gelingt das deswegen nicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 157, 39, BStBl II 1990, 4; s. auch H. Loukota, Steuer und Wirtschaft International –SWI– 2000, 299, 304 ff.; s. auch abgrenzend Senatsurteile vom 17. Dezember 2003 I R 14/02, BFHE 204, 263, BStBl II 2004, 260; vom 4. Juni 2008 I R 62/06, BFHE 222, 255, BStBl II 2008, 793; vom 20. August 2008 I R 39/07, BFHE 222, 509, BStBl II 2009, 234). Ob das –wie das BMF vorträgt– nach den Verfassungsordnungen verschiedener anderer Staaten abweichend gehandhabt werden kann und wird (vgl. dazu auch, insbesondere in Bezug auf die Niederlande, Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 15 Rz 17a f.; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 15 MA Rz 144; s. auch aus österreichischer Sicht M. Lang/ Schuch, DBA-Österreich, Art. 21 Rz 13; H. Loukota, SWI 2000, 299; Kopf in Festschrift Loukota, a.a.O., S. 253), ist insofern unbeachtlich.


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