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Anwendung der Öffnungsklausel bei der ab 2005 geltenden Altersrentenbesteuerung (BFH X R 58/08)


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Ihre Revision begründen die Kläger damit, das FG habe fehlerhaft die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG nicht angewandt. Die Anwendung der Öffnungsklausel hätte dazu geführt, dass die Renteneinkünfte des Klägers nur mit einem Ertragsanteil von 20 % und die Renteneinkünfte der Klägerin nur mit einem Ertragsanteil von 18 % bei der Einkommensteuer hätten berücksichtigt werden dürfen. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG sei ein Auffangtatbestand und erfasse nach seiner Grundkonzeption die privaten Leibrentenversicherungen, welche die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllten.


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Die Besteuerung mit dem Ertragsanteil komme auf Antrag auch bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur Anwendung, soweit diese auf bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträgen beruhten, welche in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren oberhalb des jeweiligen Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien. Hintergrund der Öffnungsklausel sei für den Gesetzgeber gewesen, die sonst drohende doppelte Besteuerung zu vermeiden.

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Das FG habe sich lediglich auf die Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 22. Mai 2005 bezogen, nach der bei dem Kläger der Höchstbeitrag lediglich in sechs Jahren überschritten worden sei. Das FG habe aber sachwidrig außer Acht gelassen, dass der Kläger auch Beiträge in eine befreiende Lebensversicherung eingezahlt habe. Diese Beiträge hätten in die Berechnung der Jahre, in denen die Höchstbeiträge überschritten worden seien, einbezogen werden müssen. Dann hätte der Kläger in den Jahren 1967 bis 1980 durchgehend die jährlichen Höchstbeiträge der gesetzlichen Rentenversicherung überschritten. Das FG benachteilige gesetzeswidrig den Kläger, der seine Altersversorgung zwischen der gesetzlichen und privaten Rentenversicherung aufgeteilt habe, gegenüber demjenigen, der nur in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt habe.

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Die Voraussetzungen der Öffnungsklausel lägen ebenfalls in der Person der Klägerin vor. Es seien bei ihr –entgegen der Auffassung des FG– ebenfalls die Nachzahlungen von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1990 und 1992 für den Zeitraum vom 1. Juni 1949 bis zum 30. September 1959, die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze lägen, zu berücksichtigen. Es komme nicht nur darauf an, welche Zahlungen in dem betreffenden Zeitraum getätigt worden seien, sondern auch für welche Zeiträume. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit eröffnet, rückwirkende Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu erbringen. Der jeweilige Beitrag werde damit versicherungstechnisch so behandelt, als wäre er in diesem zurückliegenden Zeitraum auch tatsächlich eingezahlt worden. Vor diesem Hintergrund sei es systemwidrig, bei der Ermittlung des Zehnjahreszeitraums diese Rückwirkung zu verweigern.

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Die Neuregelung des § 22 EStG sei insoweit verfassungswidrig, als sie nicht berücksichtige, dass die Kläger größtenteils allein die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt hätten und die Beiträge der Kläger weitgehend aus versteuertem Einkommen bezahlt worden seien, da bei den Klägern die Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs durch die gesetzlichen Höchstbeträge begrenzt gewesen sei. Insoweit verstoße der Gesetzgeber gegen das Verbot der Doppelbesteuerung, das ihm das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für die Neuregelung der Rentenbesteuerung auferlegt habe.

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Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG vom 14. Oktober 2008 14 K 3990/06 E aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2006 dergestalt zu ändern, dass die Rente des Klägers mit einem Ertragsanteil in Höhe von 20 % und die Rente der Klägerin mit einem Ertragsanteil in Höhe von 18 % angesetzt wird.

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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

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Die von den Klägern beantragte niedrigere Besteuerung der Renten mit dem Ertragsanteil lasse sich nicht aus dem Gesetz ableiten. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht vor, da die Kläger die entsprechenden zwingenden Nachweise nicht erbracht hätten. Die Deutsche Rentenversicherung Bund habe lediglich bescheinigt, dass für den Kläger sechs Jahre und für die Klägerin in keinem Jahr Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags geleistet worden seien.

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Entgegen der Auffassung der Kläger seien die Zahlungen an die Lebensversicherung in die Ãœberprüfung des Zehnjahreszeitraums nicht einzubeziehen, da die Lebensversicherung vertragsgemäß im Jahr 1991 in einer Summe an den Kläger steuerfrei ausgezahlt worden sei und daher eine Doppelbesteuerung nicht vorliegen könne. Bei der Prüfung der freiwillig nachgezahlten Beiträge sei der Zeitraum maßgeblich, in dem die Zahlungen erfolgt seien und nicht der Zeitraum, für den die Zahlungen geleistet worden seien (sog. In-Prinzip). Eine verfassungskonforme Auslegung oder analoge Anwendung der Öffnungsklausel komme nicht in Betracht, da die Kläger nicht durch eine Doppelbesteuerung belastet seien, wie sich den Berechnungen entnehmen lasse. Auch eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes der Kläger sei nicht gegeben, da eine insofern notwendige Interessenabwägung zwischen dem Allgemeinwohl und dem Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen erfolgt sei.

B.
18
Die Revision der Kläger ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

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Das FG hat zu Unrecht die Anwendung der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG bei der Besteuerung der Renteneinkünfte der Klägerin abgelehnt. Ein Teil ihrer Renteneinkünfte ist gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG mit dem Ertragsanteil gemäß Â§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG zu versteuern (unten III.).

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Im Ãœbrigen sind die Vorschriften zur Besteuerung der Alterseinkünfte in Gestalt des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Ãœbergangsregelung verfassungsmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (unten I. und II.).


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